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Wer war Otto Schmid?

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Otto Schmid (* 1857 Maria Lanzendorf bei Wien + 1921 Sulden) war als Architekt maßgeblich an der Gestaltung der alpinen Architektur in Südtirol beteiligt.

Otto Schmid [1]

Schmid studierte in Wien und war ein Schüler des Architekten Friedrich von Schmidt (1825-1891), der durch zahlreiche Restaurierungen und Umbauten und nicht zuletzt durch den Bau des Wiener Rathauses zu einem der wichtigsten Vertreter des Historismus und speziell der Neogotik avancierte. Friedrich Schmidt war Ehrenmitglied des Deutschen Leseverein an der Technischen Hochschule Wien. Im Wesentlichen handelte es sich bei dem Deutschen Leseverein um eine frühe deutschnationale Bewegung zu Zeiten der autoritären Zensur Habsburgs.

Friedrich Schmidt war 1884 bis 1888 an der Restaurierung von Schloss Runkelstein bei Bozen beteiligt.

Im Auftrag Friedrich Schmidts befasste sich der junge Architekt Otto Schmid mit Schloss Runkelstein. Bedeutend war der folgende Auftrag Otto Schmids, Schloss Enn in Montan, zu sanieren. In den späten 1880er Jahren leitete Otto Schmid dort umfassende Um- und Ausbauten im neugotischen Stil. Sein Bezug zur Wiener Schule und die Nähe zu Friedrich von Schmidts Denkmalverständnis lässt sich stark erkennen.

Schloss Enn wurde unter Otto Schmids Leitung nicht nur restauriert, sondern gleichzeitig architektonisch erweitert, was ein typisches Vorgehen im Historismus war, indem historisierende Elemente mit neuen, funktionalen Anforderungen verbunden wurden. Letztlich wurde Schloss Enn „kastellisiert“. Schloss Enn im Südtiroler Unterland wurde zum romantischen Prototyp für jene zahlreichen Hotelbauten, die in den Folgejahren bautechnisch auf dem Programm standen. Das lag besonders auch an der Familie Zenobio-Albrizzi: Otto Schmid wirkte als Architekt, der Maler Tony Grubhofer heiratete in die Familie ein, Theodor Christomannos war ein entfernter Verwandter der Schlossherrin. Damit waren wesentliche Wegbereiter des Alpenhotelbaus vereint.

Schloss Enn, vor und nach dem Umbau

Richtungsweisend war die Bekanntschaft mit Theodor von Christomannos. Neben seiner Tätigkeit als Denkmalpfleger entwickelte sich Otto Schmid nämlich bald zu einem der führenden Architekten des frühen Alpentourismus. In Zusammenarbeit mit Christomannos gestaltete er eine Reihe bedeutender Hotelbauten, die nicht nur architektonisch Maßstäbe setzten, sondern entscheidend zur touristischen Erschließung abgelegener alpiner Regionen beitrugen.

Otto Schmid gehörte zu jenem Netzwerk deutschfreiheitlicher Unternehmer, Freiberufler und Politiker, die die „Eroberung“ der Alpen als gesellschaftlichen Fortschritt verstanden, aber auch hehre kulturelle Motive an den Tag legten.

Das erste große Projekt dieser Art war das Suldenhotel (Hotel Sulden, später Grandhotel Sulden), das 1893 eröffnet wurde und Christomannos und Schmid auf eigene Kosten bauten. Christomannos verkaufte seine Anteile 1896 an Schmid. Das Hotel blieb bis 1973 im Besitz der Familie Schmid.

Es folgten

  • das Hotel Trafoi (1895) im Auftrag des „Vereins für Alpenhotels“, der von Christomannos gegründet wurde
  • das Hotel Karersee (1896) nach Vollendung der Karerpassstraße
  • das Hotel Pragser Wildsee (1899) für die Hoteliersfamilie Hallensteiner aus Niederdorf
  • die evangelische Kapelle in Sulden (1904)
  • das Hotel Kitzbühel, später Parkhotel Kitzbühel (1906)
  • Bauleitung Hotel Post in Trafoi (1911).

Für das Hotel Kitzbühel formulierte Otto Schmid die Devise: „Allen Komfort ohne Luxus“.

Das Sulden-Hotel

Otto Schmid war selbst Katholik, erbaute die evangelische Kapelle in Sulden, nachdem für die Gäste, die Anglikaner waren, zuvor ein Raum im Sulden-Hotel zur Verfügung gestellt wurde. Das klerikale „Volksblatt“ äußerte nicht nur die heftigste Kritik an Otto Schmid, sondern es geht aus der Berichterstattung auch hervor, dass dem Baumeister, der die Bauarbeiten auszuführen gedachte, Proteste erreichten. Das „Volksblatt“ führte diesen namentlich an, damit die Leser bescheid wissen.

Viele dieser Gebäude zeichnen sich durch ihre Holzloggien, Ziergiebel, Türme und aufwendigen Fassadendetails aus und sind typische Merkmale des romantisierenden, aber zugleich funktionalen Hotelstils der Zeit um 1900.

Otto Schmids Hotels orientierten sich nicht nur ästhetisch an Landschaft und Baukultur, sondern waren bautechnisch avantgardistisch. Das Suldenhotel verfügte bereits bei seiner Eröffnung über elektrische Beleuchtung.

Neben den großen Hotelanlagen plante Schmid auch kleinere Ergänzungsbauten wie Kapellen, Bergstationen und Schutzhütten, unter anderem die „Hamburger Hütte“ oder „Berglhütte“ am Fuße des Ortlers für die Sektion Hamburg des Deutschen Alpenvereins.

Mit Roman Weinberger, Bürgermeister Merans, Carl Abart, Postmeister in Meran, und Theodor Christomannos gehörte Otto Schmid der Meraner Vertretung in der Kommission zur Vinschgerbahn an, die Ingenieur Josef Riehl leitete.

Otto Schmid verließ 1905 den „Verein für Alpenhotels in Tirol“, wohl aufgrund persönlicher Differenzen. Haus- und Hof-Planer wurde das Büro „Musch & Lun“. Wie Josef Musch war Otto Schmid ein erfolgreicher Schütze:

Otto Schmid gründete 1900 in Sulden einen dörflichen Verschönerungsverein, war später Ortsvorsteher, da er seinen Wohnsitz von Innsbruck nach Sulden verlegte, um Beschädigungen am Hotel zu verhindern. Im Ersten Weltkrieg verlor er beide Söhne. 1921 verstarb Otto Schmid in Sulden.

Die „Südtiroler Landeszeitung“ schreibt im April 1921 im Nachruf: „In Otto Schmid verliert der Tiroler Fremdenverkehr einen tatkräftigen Förderer (…) Und dass Sulden, das „Sibirien Tirols“, das Herz der Ortlergruppe, zum „Chamonix Tirols“ avancierte und Trafoi das „Grindelwald Tirols“ genannt wurde, verdankt es Otto Schmid aus Wien, dem Erbauer des Suldenhotels und Dr. Theodor Christomannos, dem damaligen Vorstand der Alpenvereinssektion Meran.“

Literatur:

[1] Bettina Schlorhaufer: „Berghotels 1890 – 1930: Südtirol Nordtirol Trentino“, Birkhäuser Verlag, Basel 2021

[2] Tony Grubhofer: „Erinnerungen an Theodor Christomannos“, Meran 1912

Eine Antwort zu „Wer war Otto Schmid?”.

  1. Avatar von Meran im deutschen Südtirol (zensiert) – Demanega

    […] einer der ersten Illustratoren und Werbebotschafter Tirols war, sondern darüber hinaus durch seine Vermählung und Wohnhaftigkeit in Montan im Südtiroler Unterland, tatkräftig daran teilhatte, den Tiroler Tourismus mit einer deutschen […]

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