Setzungsfließen oder Setzungsgleiten ist ein geotechnisches Phänomen, das insbesondere in wassergesättigten sandigen Böden auftritt.
Nach Gerd Gudehus ist das Problem, das insbesondere in Tagebaudeponien auftreten kann, wie folgt zu umgrenzen:
Der Begriff Setzungsfließen bezeichnet eine Rutschung von teilweise geflutetem lockerem Sand in geneigtem oder abgeböschtem Gelände mit Verflüssigung unterhalb einer erdfeuchten Deckschicht. Durch Initiale genannte mechanische Störungen wird der Porenwasserdruck erhöht und eine Kettenreaktion ausgelöst, bei der nacheinander Teile einer erdfeuchten Deckschicht auf einer zunehmenden Sandbreizone wegschwimmen, bis die bewegte Masse sich talseits – ggf. unter Wasser – staut und sich bergseits in Bruchstaffeln verklemmt. In offenem Wasser vor einem Böschungsfuß entstehen dabei infolge rascher Verdrängung Schwallwellen. Ein lockeres geflutetes Korngefüge neigt mit gashaltigen Makroporen vermehrt zur Verflüssigung.
Gerd Gudehus: „Setzungsfließen“, Zeitschrift „Geotechnik“, Dezember 2015
Das Prinzip des Setzungsfließens kann einerseits bautechnisch genutzt werden, erzeugt andererseits Probleme im Braunkohlebergbau. Dadurch, dass sich runde Sandkorne kaum verkitten, ist die Nutzung der Restlöcher als Seen beeinträchtigt, weil sich durch vertikale Setzungen in Verbindung mit Untergründen, mit hohem Wassergehalt und niedrigen Scherfestigkeiten ein geotechnisches Versagen einstellt, weil der Boden seitlich wegfließt oder -gleitet.
Das Bodenverflüssigung und das Setzungsfließen stehen in einem bestimmten Zusammenhang. Die Bodenverflüssigung betrifft wassergesättigte, locker gelagerte granulare Böden (z.B. Unterwasserböschungen) bei dynamischer Einwirkung wie Schwingungen. Das Setzungsließen geht, wie von Gudehus beschrieben, von kleinen Belastungsänderungen (Initialen) aus, sodass sich verflüssigte Bewegungsfugen ausbildenen, auf denen die Böschung abrutscht. Anders als bei der Bodenverflüssigung muss die Einwirkung nicht notwendigerweise dynamisch sein, es reichen Laständerungen, Aushub oder Grundwasserschwankungen.
Setzungsfließen tritt besonders bei gering abgestuften, fein- bis mittelsandigen Lockergesteinen auf. Ein typischer Boden, der für Setzungsgleiten gefährdet ist, ist Meeresstrandsand, der empfindlich auf Änderungen des Grundwasserspiegels reagiert.
Während die Bodenverflüssigung weitestgehend in Regionen wie Japan, China, Indonesien oder Nordamerika vorzufinden ist und dort infolge seismischer Aktivitäten (Erdbeben) ausgelöst wird, war dieses Phänomen bei der Sanierung von Kippenlandschaften in Gebieten, die u.a. nicht für Erdbebenereignisse bekannt sind (Lausitz und Mitteldeutschland), nicht erwartet worden. Erst mit dem Grundwasserwiederanstieg und den z.T. katastrophalen Rutschungen in den bereits sanierten Innenkippen wurde die Bodenverflüssigung mit ihrem Risiko erkannt.
Jonas Jurisch: „Zum Verfestigungsverhalten wassergesättigter und verflüssigter Granulate“, Dissertation an der Technischen Universität Darmstadt 2021
Zur Beurteilung der Neigung zum Setzungsfließen gelten die folgenden Randbedingungen:
- locker gelagerte, gleichförmige Lockergesteine (Sanden) mit runden sowie glatten Kornformen
- hoher Grundwasserspiegel mit einem Wasserstandsverhältnis 𝐻𝑊𝐾/ 𝐻𝐾 ≥ 0,2 innerhalb einer Kippenböschung bzw. von 𝐻𝑊𝑅/ 𝐻𝐾 ≥ 0,1 vor einer Kippenböschung
- Erschütterungen, steile Böschungen, Inhomogenitäten, unterirdische Hohlräume oder Einmuldungen an der Kippenoberfläche

Die typischen Schadensbilder bei Setzungsfließen reichen von allmählichen Verformungen und Rissbildungen bis hin zu akuten Gründungsversagen, Aufwölbungen angrenzender unbelasteter Flächen oder seitlichen Ausbrüchen im Erdreich. Besonders gefährdet sind flach gegründete Bauwerke, Verkehrswege und Dämme, die auf nicht ausreichend tragfähigem Untergrund errichtet wurden.
Um Bergbaukippen dennoch zu nutzen, wurden Sanierungsverfahren mittels Rütteldruckverdichtung, Rüttelstopfverdichtung oder Sprengverdichtung durchgeführt, um sogenannte „versteckte Dämme“ mit einer hohen Lagerungsdichte herzustellen, die den gravitativen Massenbewegungen entgegenwirken:



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