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Wer war Theodor Christomannos?

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Theodor Christomannos kam am 31. Juli 1854 in Wien zur Welt, entstammte einer griechischen Kaufmannsfamilie, die sich mit Großhandel in Mazedonien befasste. Nach dem Franziskanergymnasium in Bozen studierte Christomannos Rechtswissenschaften in Innsbruck. Christomannos studierte fortan Rechtswissenschaften in Innsbruck. Dort wurde er im Corps Gothia Innsbruck, im Akademischen Gesangsverein (Universitätssängerschaft Skalden) sowie im Corps Lusatia Leipzig aktiv – der markante Schmiss an der linken Wange kennzeichnet alle seine Abbildungen und Fotografien.

Christomannos, Quelle: Corps Erz zu Leoben

Nach dem Gerichtspraktikum in Bozen ließ sich Christomannos als Anwalt in Meran nieder – und erbte ein beachtliches Familienvermögen. Die eigentliche Triebfeder im Leben von Theodor Christomannos sollte der Alpinismus sowie die Erschließung der Alpen für den Fremdenverkehr werden. Die Erschließung Tirols war der konkrete Beitrag von Theodor Christomannos und damit auch eine politische Öffnung, die durch die Konservativ-Klerikalen aus Angst vor dem Zuzug durch „Deutsche“ bisher verhindert wurde.

Zeitlebens war Christomannos eine schillernde Persönlichkeit. Die „bessere“ Gesellschaft und ihren Habitus kannte Christomannos aus Wien. Als Bergsteiger wagte er riskante und waghalsige Bergtouren und wurde Vorstand des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins in Meran. Um diese Bergtouren entstehen Mythen unglaublicher alpinistischer Leistungen und Übertreibungen. Christomannos soll Talent in Selbstinszenierung gehabt haben. Nicht umsonst widmete Arthur Schnitzler dem Tourismuspionier das Werk „Das weite Land“.

Politisch engagierte sich Christomannos in der Deutschfreiheitlichen Partei, für die er ab 1905 im Tiroler Landtag saß. Dort wusste er sein politisches Engagement geschickt in den Dienst der touristischen Erschließung der Alpenpässe zu stellen und sich für Verkehrslösungen zu vernetzen.

In dieser „Gründerzeit“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in der sich Baugewerbe, freiheitlich gesinntes Unternehmertum, Freiberufler und Tourismus – also Macher – mit ihren gemeinsamen Interessen trafen, erkannte Christomannos die Gelegenheiten, die quasi vor der Türe in der Tiroler Bergwelt lagen. Der Historiker Hans Heiss schreibt in einer Biographie, dass der Konkurrenzdruck der anderweitigen alpinen Destinationen groß war und die „bessere“ Gesellschaft im südlichen Tirol kaum ein Haus vorfand, das mit den Schweizer Hotels und dem entsprechenden Komfort mithalten konnte.

Christomannos blickte im Konkreten in Richtung Schweiz und übertrug das Schweizer Vorbild touristisch auf Tirol.

Den Beginn machte der Bau der Straße nach Sulden, für welche Christomannos tatkräftig werben sollte. Aus diesem Erfolg resultiert die Gründung des „Verein für Alpenhotels“ im Jahre 1895. Das Ziel: Die „Erschließung der Hochtäler Tirols für das reisende Publikum, insbesondere durch Erbauung und Führung komfortabler Hotels, Erhaltung von Gebirgsstraßen, Förderung, eventuell Beteiligung an Eisenbahnunternehmen und sonstigen den Fremdenverkehr in Tirol fördernden Anstalten“ [1]. Die Macht der Bilder in der touristischen Werbekommunikation erkannte Christomannos bereits damals. Folglich mussten die baulichen Entwürfe kühn sein in kühner alpinen Kulisse.

Man muss die baulichen und verkehrstechnischen Aktivitäten in den größeren Kontext stellen, der sich aus verkehrswissenschaftlicher Sicht ergibt. Ab 1864 wurde mit dem Bau der Brennerbahn begonnen, was eine wahrliche Revolution bedeutete, reduzierte sich die Verkehrszeit von Innsbruck nach Bozen von etwa 15 Stunden mit dem Pferdepostwagen auf nur 6 Stunden mit dem Eilzug. 1869 erfolgte hingegen der Bau der Pustertalbahn und um 1880 der Bau der Arlbergbahn, sodass Tirol an das internationale Bahnsystem angeschlossen war. Daneben entstand eine Vielzahl an Nebenbahnen in die Seitentäler.

Gemeinsam mit dem Architekten Otto Schmid sollte Theodor Christomannos nun bedeutende Grand Hotels erbauen. das Sulden-Hotel wurde 1893 eröffnet. Das Hotel Trafoi 1896. Das Hotel Karersee ebenso 1896. Diese Grandhotels waren nur in Zusammenhang mit der Verkehrspolitik nachvollziehbar: „Seine verkehrspolitischen Ziele waren die Vinschgaubahn und die Dolomitenstraße, um die er in politischen Mandaten, mit seinem Ansehen und seiner Vermittlungskunst bis an sein Lebensende kämpfte. Während die Dolomitenstraße Bozen – Cortina 1901 bis 1909 in drei Abschnitten verwirklicht wurde, blieb die Vinschgaubahn mit der 1906 eröffneten Linie Meran – Mals ein Torso, die seine Vorstellungen von einer Verbindung ins Engadin noch nicht erfüllte“ schreibt Hans Heiss [1].

Durch die kühnen Straßenbauprojekte im alpinen Gelände avancierte Theodor Christomannos zum „wahren Vater des Unternehmens Dolomiten“ [2].

Christomannos war aber auch um den Fremdenverkehr am Gardasee bemüht, nämlich am Hotel Lido in Riva sowie am Stubaihotel in Riva, weiters an Hotels in Canazei und am Falzaregopass.

Theodor Christomannos wusste seine touristischen Visionen, sein politisches Engagement in der deutschfreiheitlichen Partei sowie sein unternehmerisches Geschick gekonnt für den Tourismus in Tirol einsetzen.

Literatur:

[1] Hans Heiss: „Theodor Christomannos – Wegbereiter alpiner Erschließung im südlichen Tirol“, Berg 2020 Alpenvereinsbuch 144, 2020

[2] Ulrike Kindl: „Dolomitensagen und Dolomitenführer“, Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 37, Innsbruck 2018

[3] Lothar Höbelt: „Kornblume und Kaiseradler. Die deutschfreiheitlichen Parteien Altösterreichs 1882–1918“, Böhlau Verlag, Wien 1993

[4] Tony Grubhofer: „Erinnerungen an Theodor Christomannos“, Meran

3 Antworten zu „Wer war Theodor Christomannos?”.

  1. Avatar von Wer war August Gröbner? – Demanega

    […] Lager an der touristischen Erschließung Tirols wirkten. Gröbner gehörte folglich zum erweiterten Kreis um Christomannos. Gossensass war ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Eisenbahn verkehrstechnisch […]

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  2. Avatar von Meran im deutschen Südtirol (zensiert) – Demanega

    […] Theodor Christomannos, der Tourismus-Pionier Südtirols, der große Förderer des Meraner Kurwesens, der alpinen Erschließung Tirols sowie Politiker der Deutschfreiheitlichen Partei verfasste 1914 für die Kurvorstehung Merans die Schrift „Meran im deutschen Südtirol“, die als Werbeprospekt gedacht war – und im Gegensatz zu modernen Hochglanzbroschüre auf Geist, Kulur und Identität setzte. […]

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  3. Avatar von Studentenverbindungen und Schülerverbindungen in Tirol – Demanega

    […] bestand am Bozner Franziskanergymnasium ein Pennal-Corps Amicicia, welcher der Tourismus-Pionier Theodor von Christomannos sowie der spätere Hofrat und Abgeordnete Paul von Sternbach angehörten. Die Amicicia beteiligte […]

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