Als im Februar 1979 die Monarchie im Iran gestürzt wurde, endete eine Ära, die von westlich geprägter Modernisierung, autoritärer Herrschaft und tiefen sozialen Spannungen gekennzeichnet war. Was mit dem Sturz des Schahs begann, war ein politischer Systemwechsel, es war der Versuch, Religion, Identität und Staatlichkeit neu zu vereinen.
Der letzte Schah (Herrscher) des Iran, Mohammad Reza Pahlavi, regierte das Land mit harter Hand und führte weitreichende Reformen durch, bekannt als die „Weiße Revolution“. Diese Programme zur Industrialisierung, Alphabetisierung und Bodenreform sollten den Iran in eine moderne Nation transformieren. Doch sie vertieften soziale Gegensätze, förderten Korruption, und entfremdeten viele vom Regime, insbesondere die religiösen Führer, die sich durch die Verdrängung islamischer Werte herausgefordert sahen.
Zugleich stand der Iran in einem wachsenden Spannungsfeld. Der westliche Lebensstil der Eliten, verbunden mit massiver Repression durch den Geheimdienst SAVAK, machte den Schah zunehmend untragbar, gesellschaftlich wie politisch. Der Iran war zur damaligen Zeit der engste Verbündete Israels im Nahen Osten.
Der tiefste Bruch zwischen dem Iran und dem Westen geht auf das Jahr 1953 zurück: Damals stürzten die USA, in Kooperation mit dem britischen Geheimdienst MI6, den demokratisch gewählten Premierminister Mohammad Mossadegh von der Nationalen Front, nachdem dieser die iranische Ölindustrie verstaatlicht hatte, die bis dahin unter britischer Kontrolle stand. Die Nationale Front stand in Oppositon zum Schah und war ein Bündnis aus nationalen, liberalen, sozialistischen, sozialdemokratischen Parteien in Iran. Trotz der teilweise stark divergierenden Interessen der einzelnen Gruppierungen kämpfte die Nationale Front für die nationale Unabhängigkeit des Irans.
Mit der Islamischen Revolution wurde nicht nur eine Monarchie beseitigt, sondern ein neues ideologisches Fundament geschaffen: die Islamische Republik, gegründet auf der Lehre vom „Velayat-e Faqih“, der Herrschaft des obersten islamischen Rechtsgelehrten. Khomeini lebte zuvor im Exil in der Türkei, im Irak und in Frankreich. Faktisch gelang es Ajatollah Ruhollah Khomeini, die in Gang gesetzte Revolution für sich zu vereinnahmen. Die USA, deren Einmischung in den Nahen Osten und in weiterer Folge Israel wurden zu Erzfeinden.
Diese Machtübernahme stellte eine Wiedervereinigung von Religion und Staat dar, wie sie im Iran zuletzt in vor-modernen Zeiten existierte. In der Safawiden-Ära (16.–18. Jh.) beispielsweise wurde der schiitische Islam zur offiziellen Staatsreligion gemacht, und die Geistlichkeit gewann eine zentrale Rolle bei der Legitimation der Herrschaft. Auch im 19. Jahrhundert hatten die Ulama (islamische Gelehrte, zu denen die Ajatollah gehören) großen gesellschaftlichen Einfluss, obwohl sie damals noch keine formelle Staatsmacht ausübten.
Die Revolution von 1979 institutionalisierte den Einfluss der Ajatollah dauerhaft. Ajatollah bedeutet „Zeichen Gottes“ ist ein Ehrentitel für herausragende schiitische Geistliche. Zum ersten Mal wurde eine moderne Republik auf theokratischer Grundlage errichtet, ein Novum im islamischen Raum.
Die Islamische Republik Iran versteht sich als Bastion des zwölferschiitischen Islams, der tief im kollektiven Gedächtnis der iranischen Bevölkerung verwurzelt ist. Märtyrertum, Widerstand gegen Ungerechtigkeit, inspiriert durch das Vorbild von Imam Husain, und die Vorstellung einer islamischen Gesellschaft prägen nicht nur die religiöse Praxis, sondern auch den politischen Diskurs bis heute.
Imam Husain war der Enkel des Propheten Mohammed und eine zentrale Figur im scharfschiitischen Islam. Er ist vor allem bekannt für seinen Märtyrertod in der Schlacht von Karbala im Jahr 680 n. Chr., der bis heute als tieftrauriger Wendepunkt in der islamischen Geschichte gilt sowie als symbolischen Aufstand gegen gottlose Herrscher.
Gleichzeitig ist der Iran ein ethnisch vielfältiger Staat: Perser machen zwar die Mehrheit aus, doch rund 40 % der Bevölkerung gehören ethnischen Minderheiten an, etwa Aserbaidschaner, Kurden, Araber, Belutschen oder Turkmenen. Diese Gruppen bringen ihre eigenen Sprachen, kulturellen Traditionen und zum Teil auch religiösen Abweichungen (z. B. das Sunnitentum) mit, was immer wieder zu Spannungen mit dem zentralistisch-theokratischen Staat führt.
Die Islamische Revolution hatte eine einheitsstiftende Wirkung, konnte jedoch die ethnische und kulturelle Pluralität nie vollständig integrieren. Ein Spannungsfeld, das bis heute hin politisch virulent ist.
Heute, mehr als vier Jahrzehnte nach der Revolution, befindet sich der Iran in mehr als herausfordernden Zeiten. Die Prinzipien der Islamischen Republik, etwa die zentrale Rolle des Obersten Rechtsgelehrten oder die Verbindung von Religion und Politik, bestehen fort. Gleichzeitig ist die Gesellschaft jünger, gebildeter, urbaner und vernetzter als je zuvor.
Der Iran sieht sich außenpolitisch seit der Islamischen Revolution in einem dauerhaften Belagerungszustand durch äußere Feinde, allen voran die USA, Israel und teilweise arabische Rivalen wie Saudi-Arabien. Atomwaffen oder zumindest die Option darauf dienen in dieser Logik als letztes Verteidigungsmittel und Abschreckung, ähnlich wie bei Nordkorea oder Pakistan.
Ein ausgebautes Atomprogramm, auch ohne offiziell einsatzfähige Waffen, verleiht dem Iran Verhandlungsmacht auf internationaler Bühne. Der Iran nutzt das Atomprogramm gezielt als Hebel, um Konzessionen vom Westen zu erzwingen.
Der Iran versteht sich als (historisch) bedeutende Macht im Nahen Osten. In diesem Sinne versucht er, seinen Einfluss auf Syrien, Irak, Libanon (Hisbollah) und Jemen (Huthi) strategisch abzusichern sowie eine dominante Stellung im Persischen Golf einzunehmen, zumal direkte Rivalen wie Saudi-Arabien selbst nukleare Ambitionen äußern. Durch Einflusszonen in Irak, Syrien, Libanon, Jemen verfolgt der Iran eine Art “schiitischen Halbmond”, der ihn mit strategischer Tiefe versorgt.
Hisbollah (Libanon), Hamas und Islamischer Dschihad (Palästinensergebiete) sowie Milizen in Syrien und Irak sollen Druck auf Israel aufbauen, ohne direkt militärisch eingreifen zu müssen. Dies ist Teil seiner asymmetrischen Kriegsführung
Der Iran versuchte bisher, den Druck auf Israel zu erhöhen, ohne dabei in einen direkten militärischen Konflikt mit den USA zu geraten, da ein solcher schwer kalkulierbare Konsequenzen hätte. Die Politik gezielter Provokation dient als Mittel zur Machtsicherung und Ablenkung von innenpolitischen Spannungen. Bisher, zumindest bis zum Juni 2025, scheuten Israel und die USA einen Angriff auf den Iran, da die erwarteten Kosten den möglichen Nutzen überstiegen.
Die Islamische Revolution war insgesamt ein ideologisch aufgeladener Versuch, religiöse Identität zur tragenden Säule „moderner“ Staatlichkeit zu machen. Sie stellte eine Zäsur dar und griff tief in das historische Erbe Irans zurück: Die schiitische Theologie, den Einfluss der Geistlichkeit und die Idee religiöser Gerechtigkeit.


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