Am 25. Februar 2025 präsentierte die Südtiroler Landesregierung unter Federführung der freiheitlichen Landesrätin Ulli Mair das umfangreiche Maßnahmenpaket zur Wohnreform 2025. Am 6. Juni 2025 stimmte der Südtiroler Landtag der Wohnreform zu.
Das neue Wohnbaugesetz ist solidarischer Patriotismus in Gesetzesform. Über die Grundzüge des solidarischen Patriotismus beim Wohnen wurde im Mai 2024 im Magazin Freilich diskutiert.
Abgesehen vom Inhalt handelt es sich bei dem Gesetz um ein historisches Novum, dass nämlich erstmals eine deutsche Partei außer der SVP als Teil der Landesregierung ein Gesetz durch den Landtag bringt. Inhaltlich dürfte es sich um das maximal Mögliche im Bereich Wohnen handeln. Die politischen Alternativen im Landtag waren insgesamt aber auch sehr spärlich.
Ein Wohnbaugesetz verändert wohlgemerkt weder die Weltwirtschaft, noch die Rohstoffpreise und kann auch nicht Baugründe zur Verfügung stellen – letzteres macht die Raumordnung. Die Wohnreform richtet aber den gesamten Bereich Wohnen neu aus und setzt die Prioritäten neu. Diese Ausrichtung gilt einem solidarischen Patriotismus, damit einer qualitativen Weiterentwicklung des Status Quo im Wohnbau.
Weshalb das Gesetz so wichtig ist
Jährlich verlassen rund 1.000 Südtiroler – also etwa 3 Menschen pro Tag – das Land Südtirol. Darunter sind vor allem junge und gut ausgebildete Südtiroler sowie Akademiker, die anderswo mehr verdienen, geringere Wohnkosten und mehr Flexibilität beim Wohnen vorfinden.
Das bedeutet im Umkehrschluss den Verlust demografischer, kultureller und wirtschaftlicher Stabilität für Südtirol.
Gegen diesen Umstand kann man – in Sonntagsreden jammern oder aber politische Maßnahmen setzen. Schaut man sich bei den politischen Parteien um, so gibt es die Ideen vielfach nicht, höchstens die Floskeln.
Politische „Alternativen“
Die politischen Alternativen sind relativ gering. Während die Südtiroler Grünen den Südtirolern den Traum vom Eigenheim absprechen und stattdessen massiv auf Mietwohnungen statt Eigentumswohnungen setzen wollen, setzt das Team K (teilweise) neoliberal auf mehr Baugründe ohne jedwelche Bindung und die Süd-Tiroler Freiheit auf den sozialen Wohnbau sowie auf eine ewige Sozialbindung.
Soziale Wohnungen entsprechen – wie es der Name schon sagt – einer sozialen Mindestsicherung. Zu glauben, dass rund 13.000 Sozialwohnungen in Südtirol – die aus gutem Grund nicht Bestandteil des Wohnbaugesetzes sind -, das Wohnen für alle, bezogen auf die insgesamt rund 300.000 Wohnungen in Südtirol, leistbarer machen, ist gelinde gesagt naiv.
Ebenso wird das Wohnen nicht billiger, wenn eine ewige Sozialbindung gilt, die die Südtiroler – sagen wir einmal nach 60 Jahren – zurückzahlen müssen, indem sie dem Land Südtirol die damalige Wohnbauförderung von beispielsweise 50.000 Euro zurückerstatten müssen. Das Prinzip, Landesförderungen zurückzuzahlen, gilt wohlgemerkt in Südtirol derzeit für keine Sparte, weder für Hotels, auch nicht für die Landwirtschaft, noch weniger für die Wirtschaft und auch nicht für den Sozialbereich. Und dass die Kleinsparer und Häuslbauer damit anfangen sollten: Na ja, da gibt es deutlich originellere und sozialere Ideen.
Eine Wohnbaupolitik, die ihren Namen verdient
Eine seriöse Wohnbaupolitik muss auf drei Pfeiler aufbauen: Auf den privaten Wohnmarkt im oberen Segment, auf den sozialen Wohnmarkt im unteren Segment und auf das gemeinnützige Wohnen im mittleren Segment, der in Südtirol einen Paradigmenwechsel darstellen wird, indem Genossenschaften und Stiftungen als Wohnbauakteure wirken.
Flankiert werden muss die Wohnbaupolitik durch die Raumordnung: Es ist moderat mehr Baugrund auszuweisen, die neuen Wohnbauzonen (oder Mischzonen) sind langfristiger und großzügiger zu bemessen. Es sind im wahrsten Sinne des Wortes städtebauliche Maßnahmen notwendig.
Die Maßnahmen der Wohnreform
Die Maßnahmen, die unter anderem mit der Wohnreform gesetzt werden, sind klar strukturiert:
- Verlängerung der Sozialbindung von 10 auf 20 Jahren (und beim geförderten Bauland von 20 auf 30 Jahren) zur längerfristigen Sicherung des sozialen Zwecks der Wohnbauförderung
- 100 % Konventionierung (Bindung) neu geschaffener Wohnflächen für Ansässige: Diese Bindung betrifft die Frage, wer eine solche Wohnung ordnungsgemäß bewohnen darf. Für den Münchner oder Mailänder Millionär gibt es keinen Zugang zu konventionierten Wohnungen
- Förderung gemeinnütziger Bauträger, die nicht nur sanieren, sondern auch neu bauen, mit bis zu 55 % Baukostenförderung im Austausch für eine 30‑jährige Mietpreisbindung: Dadurch sollen in Südtirol endlich flächendeckend bezahlbare Mietwohnungen entstehen
- Neue Wohnbauförderungsmodelle: Kapitalbeträge, Bausparen und zinsbegünstigtes Darlehen können kumuliert 100.000 Euro für eine Einzelperson ausmachen, hinzu kommen Förderungen für Kauf und Erschließung geförderten Baulandes, das sind dann in Summe gut 120.000 Euro für das Wohneigentum
- Drastische Strafen für die Zweckentfremdung oder touristische Vermietung konventionierter Wohnungen von bis zu 30.000 Euro sowie intensivierte Kontrollen zur Garantie der zweckmäßigen Verwendung: Airbnb & Co. werden dadurch eingeschränkt
- Hinzu kommen die drastische Entbürokratisierung, die Digitalisierung und die Vereinfachung zur Beschleunigung der Gesuche für die Wohnbauförderung: Wer baut, bekommt das Geld deutlich schneller
Freilich, ob das Wohnen letztlich insgesamt leistbarer wird, hängt von dem verfügbaren Baugrund, von den Bauweisen, von der Bürokratie und von den makroökonomischen Gegebenheiten ab. Der Raum des Möglichen ist – wie immer – begrenzt, diesen Raum gilt es aber realpolitisch voll auszuschöpfen.


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