Landschaft gilt in Südtirol als „übergeordnetes“ Interesse. Landschaft gehört gewissermaßen „uns allen“. Es ist die Landschaft, die – als Naturlandschaft und Kulturlandschaft – Identifikation stiftet und sich tief in unser kollektives Bewusstsein einprägt und verschiedene Ebenen umfasst, die die Geschichte, die Kultur, die Umformung der Landschaft betreffen.
Landschaft gilt in Südtirol als – zunehmend gefährdeter – „Reichtum“, weil alle von dieser Landschaft profitieren und sich in der Regel kaum einschränken lassen wollen.
Über Landschaft sprechen alle gerne. Wenn dann aber in der Raumordnung Einschränkungen gegeben sind, die das eigene Eigentum betreffen, dann sind die meisten wenig amüsiert. Wie diese Einschränkungen aussehen, wird wie folgt ersichtlich.

Art. 47 (Landschaftsplan)
(1) Der Landschaftsplan (LP) bezieht sich auf das Gemeindegebiet oder übergemeindliche Bereiche. Er beinhaltet:
- die Ausweisung und Darstellung der Liegenschaften und Gebiete, die im Sinne der Artikel 11 und 12 unter Landschaftsschutz gestellt sind,
- die Abgrenzung und Darstellung der Natur- und Agrarflächen laut Artikel 13, unter Berücksichtigung der Erfordernisse land- und forstwirtschaftlichen Nutzung,
- die spezifischen Schutzbestimmungen und Nutzungsvorschriften für die Liegenschaften und Gebiete laut Buchstabe a),
- die Maßnahmen, die für eine angemessene Einbettung von Gebietsumwandlungseingriffen in die Landschaft unbedingt erforderlich sind,
- die Ausweisung der gemäß den Artikeln 12 und 13 unter Schutz gestellten Gebiete, in denen Maßnahmen nach Feststellung ihrer Übereinstimmung mit den Vorgaben der Landschaftsplanungsinstrumente im Rahmen des gewöhnlichen Verfahrens zur Erteilung der baulichen Eingriffsermächtigung durchgeführt werden können,
- die Ausweisung schwer beeinträchtigter oder geschädigter Gebiete, in denen für Maßnahmen, die auf Wiedergewinnung und Neugestaltung ausgerichtet sind, keine landschaftsrechtliche Genehmigung laut Artikel 65 und folgende erforderlich ist.
Die genannten Artikel 11, 12 und 13 betreffen:
Art. 11 (Landschaftsgüter von herausragender landschaftlicher Bedeutung)
(1) Folgende Liegenschaften und Gebiete von besonderem öffentlichen Interesse sind Gegenstand des Landschaftsschutzes und werden durch die Landschaftsplanung ausgewiesen und geregelt:
- Naturdenkmäler, das sind einzelne natürliche Objekte, die wegen ihrer Eigenart oder Seltenheit, ihres landschaftsprägenden Charakters oder ihrer ökologischen, hydrologischen oder geologischen Einmaligkeit im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswürdig sind, einschließlich der Baumdenkmäler,
- Ensembles, das sind Liegenschaftskomplexe, die ein charakteristisches Bild von ästhetischem und traditionellem Wert ergeben, einschließlich der historischen Ortskerne und Gebäudeansammlungen, 13)
- Naturparks,
- geschützte Landschaftsteile, das sind Teilbereiche der Landschaft, die zur Biodiversität und zur landschaftlichen Vielfalt sowie zur ökologischen Stabilität oder Durchlässigkeit im Biotopverbund beitragen,
- geschützte Biotope, das sind natürliche oder naturnahe Lebensräume, die aus ökologischen, wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landschaftlichen Gründen zur Erhaltung von seltenen oder gefährdeten oder vielfältigen Lebensgemeinschaften sowie Pflanzen- und Tierarten unter Schutz gestellt werden, einschließlich ihrer Lebensgrundlagen,
- Ansitze, Gärten und Parkanlagen sowie andere einzelne Liegenschaften, die wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit oder ihres geschichtlichen Erinnerungswertes hervorstechen,
- Landschaftsschutzgebiete, das sind vom Menschen mitgestaltete Gebiete, die wegen ihrer landschaftlichen Schönheit und Eigenart, wegen ihrer Naturausstattung oder ihrer Bedeutung für die ortstypische Siedlungsstruktur und Landwirtschaft und wegen ihrer besonderen Erholungseignung oder Eignung als Umgebungsschutz für andere Landschaftsgüter unter Schutz gestellt werden, um ihre Funktion zu erhalten,
- landschaftliche Bannzonen, das sind Landschaftsbereiche, die frei von Verbauung zu halten sind, um die Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung zu erhalten und Zersiedelung zu vermeiden,
- Panoramalandschaften und öffentlich zugängliche Aussichtspunkte oder Ausblicke, von denen man das Panorama bewundern kann.
Art. 12 (Gesetzlich geschützte Gebiete)
(1) Auf jeden Fall unter Schutz gestellt sind:
- die an Seen angrenzenden Gebiete in einer Breite von 300 Meter ab den Seeufern; dies gilt auch für Gebiete, die höher als der See liegen,
- die Flüsse, die Bäche und Wasserläufe, die in den Verzeichnissen laut vereinheitlichtem Text der Rechtsvorschriften über die Gewässer und elektrischen Anlagen, genehmigt mit königlichem Dekret vom 11. Dezember 1933, Nr. 1775, in geltender Fassung, eingetragen sind, einschließlich ihrer Ufer und Dämme bis zu einer Breite von jeweils 150 Metern,
- Berggebiete über 1600 Meter über dem Meeresspiegel,
- die Gletscher und Gletschermulden,
- der Nationalpark und die Landesnaturparks, sowie die Naturschutzgebiete,
- die Forst- und Waldgebiete, auch wenn sie vom Feuer zerstört oder beschädigt sind, und jene Gebiete, die der Aufforstung unterliegen,
- die Feuchtgebiete, die im Verzeichnis laut Dekret des Präsidenten der Republik vom 13. März 1976, Nr. 448, in geltender Fassung, aufscheinen,
- die Gebiete von archäologischem Interesse.
Art. 13 (Schutz des Bodens und der Natur- und Agrarflächen)
(1) Natürlicher Boden ist aus landschaftlichen Gründen, zum Schutz der Gesundheit, zur Wahrung des ökologischen Gleichgewichts, zum Schutz der natürlichen Ökosysteme sowie für die landwirtschaftliche Produktion geschützt.
(2) Durch die Landschaftsplanung werden zu dem in Absatz 1 genannten Zweck die Widmungskategorien der Natur- und Agrarflächen festgelegt, abgegrenzt und geregelt. Die grundlegenden Widmungskategorien im Sinne dieses Gesetzes sind:
- Landwirtschaftsgebiet,
- Wald,
- bestockte Wiese und Weide,
- Weidegebiet und alpines Grünland, 14)
- Felsregion und Gletscher,
- Gewässer.

Wesentlich ist, dass in Gebieten oder Liegenschaften, in denen gemäß der Artikel 11, 12 und 13 ein Landschaftsschutz gegeben ist, eine landschaftsrechtliche Genehmigung erforderlich wird.
Art. 14 (Rechtswirkung der landschaftsrechtlichen Unterschutzstellung)
(1) Gebiete und Liegenschaften, die gemäß den Artikeln 11, 12 und 13 unter Landschaftsschutz stehen, dürfen nicht ohne landschaftsrechtliche Genehmigung laut Artikel 65 verändert werden.
(2) Vorbehaltlich der mit Gesetz und insbesondere im Bereich des Vertragsnaturschutzes vorgesehenen Fälle ist für die landschaftsrechtliche Unterschutzstellung keine Entschädigung geschuldet.
(3) Sind für Landschaftsgüter laut Artikel 11 Absatz 1 Buchstaben a), c) und e) besondere Verhaltensvorschriften für Besucher/Besucherinnen vorgesehen, müssen sie mit eigenen Schildern gekennzeichnet werden; diese Schilder werden von der Landesverwaltung nach Anhören der betroffenen Grundeigentümer/Grundeigentümerinnen entlang der Grenzen an geeigneten Stellen, insbesondere an den Zugängen, angebracht. Die betroffenen Grundeigentümer/Grundeigentümerinnen sind nach Erhalt der entsprechenden Mitteilung verpflichtet, die Anbringung der Schilder ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden.
Gemäß Artikel 67 gilt: (1) Die landschaftsrechtliche Genehmigung für die im Anhang B zu diesem Gesetz aufgelisteten Eingriffe wird vom Direktor/von der Direktorin der für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zuständigen Landesabteilung erteilt.(2) Für jene Eingriffe, die nicht im Anhang B aufgelistet sind, ist die Befugnis zur Erteilung der Genehmigung den Gemeinden übertragen.
Wird baulich im Bereich von Denkmalschutz, Landschaftsschutz oder Ensembleschutz eingegriffen, dann ist auf jeden Fall eine Baugenehmigung erforderlich nach Anhang D:
Anhang D (Artikel 72 Absatz 1): Maßnahmen, für die eine Baugenehmigung vorgeschrieben ist
D 1) Neubaumaßnahmen;
D 2) Maßnahmen zur baulichen Umgestaltung, welche zu einem Bauwerk führen, das ganz oder teilweise vom vorhergehenden abweicht und welche zu einer Änderung der gesamten Baumasse der Gebäude oder der Außenansicht führen oder welche – soweit sie Gebäude betreffen, die sich im historischen Ortskern befinden – eine Änderung der Zweckbestimmung bewirken, sowie die Maßnahmen, welche Änderungen der äußeren Form von Gebäuden bewirken, welche unter Denkmal-, Landschafts- oder Ensembleschutz stehen;
D 3) die Erweiterung bestehender Bauten, durch die neue Baumasse oder Bruttonutzflächen auch außerhalb der bisher bestehenden Bausubstanz entstehen, mit Ausnahme der Maßnahmen, für die im Sinne von Anhang E die ZeMeT vorgesehen ist.
Literatur:
[1] Erich Tasser, Markus Schermer, Gerhard Siegl, Ulrike Tappeiner: „Wir Landschaftsmacher – Vom Sein und Werden der Kulturlandschaft in Nord-, Ost- und Südtirol“, Athesia Verlag, Bozen 2012


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