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Erdbewegungsarbeiten und Bagatelleingriffe laut Raumordnungsgesetz in Südtirol

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Das Thema des Bodenschutzes ist allgegenwärtig. Landschaftliche Eingriffe sind stark im öffentlichen Bewusstsein verankert. Infolgedessen ist es naheliegend, dass Erdarbeiten gewissermaßen als Baumaßnahmen gewertet werden können.

Der italienische Einheitstext zum Bauwesen DPR 380/2001 hält unter Artikel 6 fest, dass Erdarbeiten inklusive Bewässerungsanlagen im Kontext Landwirtschaft nicht als Baumaßnahme zu werten sind und keiner Baugenehmigung bedürfen: „i seguenti interventi sono eseguiti senza alcun titolo abilitativo: (…) d) i movimenti di terra strettamente pertinenti all’esercizio dell’attività agricola e le pratiche agro-silvo-pastorali, compresi gli interventi su impianti idraulici agrari.“

Grundsätzlich erachtet der Einheitstext unterirdische Bauteile als Teil des Gebäudevolumens: „Die Berechnung des Volumens eines Gebäudes muss unter Berücksichtigung des Bauwerks in all seinen Elementen erfolgen, einschließlich der funktionell genutzten oder unterirdischen Umgebungen, unter Ausschluss der technischen Volumina, mit der Folge, dass auch die unter der Erde errichteten Bauwerke, wenn sie für kontinuierliche menschliche Aktivitäten genutzt werden, bei der Berechnung der Volumina berücksichtigt werden müssen“ (Staatsratsurteil Nr. 4348/2013).

Allerdings legen regionale Raumordnungsgesetz zum Teil andere Parameter fest und bewerten unterirdisches Volumen nicht als urbanistisches Volumen. „Technische Volumen“ sind in der italienischen Rechtsprechung Volumen, die der technischen Funktionsfähigkeit eines Gebäudes dienen, etwa Geräteräume, Wasserbecken oder Lichtschächte. Das technische Volumen bewirkt keine urbanistische Belastung („carico urbanistico“), ist also nicht in die Volumenberechnung einzubeziehen.

Infolgedessen legt sich das Südtiroler Raumordnungsgesetz „Raum und Landschaft“ 9 / 2018 fest, indem es Tätigkeiten und Maßnahmen festlegt, für die keine landschaftsrechtliche Genehmigung vorgeschrieben ist (Anhang A), darunter: „Eingriffe auf Zubehörsflächen von Gebäuden, die keine wesentlichen Änderungen der planimetrischen Struktur und der Begrünung bringen und im Einklang mit der morphologisch-typologischen Charakteristik, den vorhandenen Materialien und Oberflächen sind, sowie unter Beachtung des jeweiligen örtlichen Kontextes, wie Anpassung der befestigten Flächen, Bau von Wegen, Errichtung von Brunnen, Grüngestaltung und ähnliche Einrichtungen, die die Morphologie des Geländes nicht ändern sowie, auf denselben Flächen, teilweiser oder gänzlicher Abbruch ohne Wiederaufbau von technischen Volumina und Zubehörsbauten ohne besondere architektonische historische oder testimoniale Bedeutung“.

Mit Bezug auf vollkommen unterirdische Volumina, Druckleitungen, Geothermieanlagen, unterirdische Tanks, Speicher, Kanäle und Rohre ist die Errichtung von bodengleichen Schächten zulässig, die die Geländeoberfläche um nicht mehr als 40 cm überragen. Im Falle von Wasserleitungen und Bewässerungsanlagen muss der Antragsteller über eine Wasserkonzession verfügen.

Freie Baumaßnahmen werden definiert als (Anhang C): „Direkt mit land- und forstwirtschaftlicher und Weidetätigkeit verbundene Erdbewegungsarbeiten, einschließlich der Maßnahmen an landwirtschaftlichen Wasseranlagen, durch die der Zustand der Orte nicht dauerhaft durch Gebäude oder andere Zivilbauten verändert wird und bei denen es sich um Tätigkeiten und Bauarbeiten handelt, die den Wasserhaushalt des Gebietes nicht verändern“. Zu den freien Baumaßnahmen zählen aber auch: „Bodenlege- und Feinarbeiten an Außenflächen, auch an Halteflächen, bei denen der Durchlässigkeitsindex eingehalten wird, einschließlich der Errichtung von vollständig unterirdischen nicht zugänglichen Luftschächten, von Wasserauffangbecken und von unterirdischen verschlossenen Räumen“.

Die „Kriterien und Richtlinien zum Schutz der Landschaft“, herausgegeben von der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung unterstreichen: „Für den Schutz der natürlichen Landschaftsebene ist es wichtig, die geomorphologischen Eigenschaften der Orte zu bewahren und starke Erdbewegungen und Neigungsänderungen der Hänge zu vermeiden.“

Das Amt für Landschaftsplanung bewertet die verschiedenen Eingriffe in der Landschaft und kann in der landschaftsrechtlichen Genehmigung Auflagen zur Minimierung oder Reduzierung des landschaftlichen Eingriffes festlegen. Die erste Instanz stellt die Gemeindekommission für Raum und Landschaft dar, die Projekte zu begutachten hat. Im Rahmen von Projekten obliegt es den Landschaftsschutzorganen, speziell auch den Gemeinden, landschaftserhaltende Maßnahmen zu setzen:

  • „Die Erdbewegungen sind auf punktuelle Eingriffe zu reduzieren.“
  • „Die Hangneigung der bearbeiteten Fläche muss jener der angrenzenden Flächen ohne Abstufungen angeglichen werden.“
  • „Der Neigungswinkel der Stützbauwerke darf“ bestimmte Neigungswinkel nicht überschreiten.
  • „Die Mauer muss als Trockenmauer in traditioneller Bauweise errichtet werden.“

Geringfügige Eingriffe werden als „Bagatelleingriffe“ bezeichnet. Geringfügige Eingriffe in die Natur und Landschaft werden vom Bürgermeister mit einem vereinfachten Verfahren gebilligt. Dazu  zählen unter anderen der Bau von Wegen, Erdbewegungen, das Errichten von Stützmauern, Ablagerungen von Aushubmaterial, Materialentnahme und Planierungen.

Das Dekret des Landeshauptmannes vom 6. November 1998, Nr. 33 definiert die geringfügigen Eingriffe. Laut Raumordnungsgesetz 9 / 2018 bleibt das Dekret in den Grenzen laut Artikel 103 Absatz 11 in Kraft. Diese beziehen sich auf:

  • Bau von Wegen mit einer Gesamtlänge bis zu 1.000 m, einer Kronenbreite bis zu 2,5 m und einer Geländeneigung bis zu 70 Prozent. Dabei dürfen keine Versiegelung erfolgen, ausgenommen die Verlegung von Spur- und Gittersteinen, und keine Brücken oder Mauern errichtet werden, ausgenommen Trockenmauern, Zyklopenmauern, Krainerwände aus Holz oder bewehrte Erden, jeweils bis zu einer Höhe von 2,5 m. Für die Arbeiten ist in den Naturparken ein Gutachten des Landesamtes für Naturparke einzuholen, im Falle von Walderschließungswegen ein nicht bindendes Gutachten der Forstbehörde. Der Bau von Almerschließungswegen unterliegt dem Ermächtigungsverfahren laut Artikel 12 des Landesgesetzes vom 25. Juli 1970, Nr. 16, in geltender Fassung
  • Erdbewegungen für die unterirdische Verlegung von Leitungen, sofern die während der Bauzeit besetzte Fläche schmäler ist als 5 m. Im Falle von Wasserleitungen muss die Wasserkonzession vorliegen. In den Naturparken ist ein Gutachten des Landesamtes für Naturparke einzuholen,
  • Errichten von Stützmauern in der Form von Trockenmauern, Zyklopenmauern, Krainer-wänden aus Holz oder bewehrten Erden bis zu einer Höhe von 2,5 m im landwirtschaftlichen Grün. Für die Arbeiten ist in den Naturparken ein Gutachten des Landesamtes für Naturparke einzuholen
  • Ablagerung von Aushubmaterial von maximal 1.000 m³ auf einer Fläche von 1.000 m², sofern damit keine Nutzungsänderung verbunden ist
  • Materialentnahme von maximal 200 m³ auf maximal 500 m², sofern damit keine Nutzungsänderung verbunden ist,
  • Planierungen von Flächen mit intensiver Landwirtschaftsnutzung unter 1600 m Meereshöhe, sofern die Flächen insgesamt nicht mehr als 5.000 m² betragen oder die Hangneigung im Durchschnitt nicht mehr als 40 Prozent beträgt oder eine Nivellierung von nicht mehr als +/- 1 m vorgesehen ist.

In Gebieten „mit forstlich-hydrogeologischer Nutzungsbeschränkung“ laut Landesgesetz 21 vom 21. Oktober 1996 („Forstgesetz“) gelten Einschränkungen gemäß Artikel 6 (Erdbewegungen und Materialablagerungen). In diesen Gebieten ist eine Genehmigung des Direktors des gebietsmäßig zuständigen Forstinspektorates notwendig. Vorgesehen sind unter anderem folgende Sanktionen:

  • Wer Arbeiten ohne Ermächtigung ausführt oder die von der Forstbehörde nach derselben Bestimmung auferlegten Vorschriften nicht beachtet, unterliegt einer Verwaltungsstrafe von Euro 2 für jeden vollen oder aufgerundeten Kubikmeter bewegten Materials, wobei die Mindeststrafe in jedem Falle Euro 62 beträgt.
  • Im Falle von Planierungen unterliegt der Übertreter einer Verwaltungsstrafe von Euro 1 für jeden vollen oder aufgerundeten Quadratmeter planierter oder bewegter Fläche, wobei die Mindeststrafe in jedem Falle Euro 62 beträgt.
  • Wer vorgeschriebene Begrünungen nicht durchführt, unterliegt einer Verwaltungsstrafe von Euro 1 für jeden vollen oder aufgerundeten Quadratmeter nicht begrünter Fläche, wobei die Mindeststrafe in jedem Falle Euro 62 beträgt.

Eine Antwort zu „Erdbewegungsarbeiten und Bagatelleingriffe laut Raumordnungsgesetz in Südtirol”.

  1. Avatar von Bauwerkshöhe und künstliche Geländeaufschüttungen: Eine baurechtliche Lücke? – Demanega

    […] 1.000 m³ auf einer Fläche von 1.000 m², sofern damit keine Nutzungsänderung verbunden ist, als Bagatelleingriff gilt. Das wäre durchschnittlich immerhin ein Meter. Allerdings ist selbst für Bagatelleingriffe […]

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