Demanega

#ingenieurbaukultur

Konventionierte Wohnungen in Südtirol: Wohnungen für Ansässige

Published by

on

Die so genannten „konventionierten“ Wohnungen stellen in Südtirol ein Reizthema dar, das das Zeug zu einer ideologischen Diskussion über das Wohnen hat. Vertreter der Wirtschaft – und im Konkreten der Bauwirtschaft – untermauern, dass Investitionen in Wohnraum unattraktiv werden würden, insofern jener „freie“ Teil wegfalle, der nicht „konventioniert“ wird. Sozial orientierte Interessensvereinigungen halten hingegen fest, dass das neu ausgewiesene Bauland in einem Land wie Südtirol, in dem Bauland naturgemäß knapp ist, einzig und allein der ansässigen Wohnbevölkerung reserviert werden sollte, insbesondere in Zeiten akuter Wohnungsnot.

Die so genannte „Konventionierung“ wird mit dem Landesgesetz 1 vom 3. Jänner 1978, der Baurechtsreform, eingeführt, und führt die Baukonzession ein, indem ein Staatsgesetz von 1977 repliziert wird. Mit der Novellierung des Landesraumordnungsgesetzes und der Gesetze zum geförderten Wohnbau wird mit dem Landesgesetz 34 vom 24. November 1980 die Pflicht eingeführt, dass 60 Prozent der neuen Wohnkubatur für den „konventionierten“ Wohnbau einzusetzen sind.

In Erweiterungszonen gilt rückblickend, dass 50 Prozent gefördert und 50 Prozent frei sind, wobei im freien Anteil 60 Prozent konventionspflichtig sind. Die konventionierten Wohnungen sind an Personen zu verkaufen oder für mindestens 10 Jahre zu vermieten, die den meldeamtlichen Wohnsitz in Südtirol haben und nicht bereits Eigentümer einer angemessenen Wohnung sind. Für die Vermietung ist der Landesmietzins bindend. Die Konventionierung gilt für 10 Jahre und im Falle einer Wohnbauförderung für 20 Jahre.

Im Landesgesetz 13 von 1997 (Landesraumordnungsgesetz) beinhaltet Artikel 79 die Festlegungen zum konventionierten Wohnbau. Die 20-jährige Konventionierung wurde 2008 in eine „ewige Konventionierung“ umgewandelt. Bereits in diesem Zuge wurde vonseiten der Bau- und Immobilienbranche bemängelt, dass Investitionen dadurch in andere Provinzen fließen würden. Im Landesgesetz 9 vom 10. Juli 2018 (Gesetz „Raum und Landschaft“, das neue Landesraumordnungsgesetz), ist im Artikel 39 von „Wohnungen für Ansässige“ die Rede.

In neuen Wohnbauzonen gilt, dass 60 Prozent gefördert und 40 Prozent frei sind und dass vom 40 Prozent freien Wohnraum wiederum 60 Prozent für Ansässige reserviert ist. Für Provinzfremde und Touristen oder als Leerstand sind also nur 16 Prozent in neuen Wohnbauzonen möglich.

Mit der Wohnreform 2025 soll der Artikel 39 drastisch vereinfacht werden. Andererseits sollen 100 Prozent der neu ausgewiesenen oder umgewidmeten Baugründe für „Ansässige“ reserviert werden, die 16 Prozent ganz freien Wohnungen für Provinzfremde, Touristen oder Leerstand gibt es also in neuen Wohnbauzonen nicht mehr. Sichergestellt wird dadurch, dass neues Bauland strikt den Ansässigen zugestanden wird und kein Quadratmeter für Provinzfremde oder Touristen verwendet wird.

Grundsätzlich stehen Maßnahmen, die darauf aus sind, Mietpreise zu begrenzen, stets in der Kritik. Für das „Wohnen für Ansässige“ gilt im Falle der Vermietung ein Landesmietzins und im Falle der Veräußerung ein Konventionalwert. Investoren behaupten, dass daraus folgend im „konventionierten“ Bereich nicht mehr gebaut werde, weil sich die Investition über die Einnahmen nicht mehr rechne.

Neue Erweiterungszonen machen in Südtirol knapp 10 Hektar im Jahr aus. Darauf baut man vielleicht 500 Wohnungen. Demgegenüber existieren in Südtirol rund 300.000 Bestandswohnungen, rund 30.000 Zweitwohnungen und rund 20.000 touristische Wohnungen. Der Bestand ist weitgehend frei. Dass es einen großen Unterschied machen würde, ob von den 500 jährlich neu entstehenden Wohnungen 420 oder 500 konventioniert sind und dass die Konventionierung aller 500 Wohnungen zur Folge hätte, dass das Bauen teurer werde oder gar nicht mehr gebaut wird – dass also 80 freie Wohnungen den großen Unterschied in Südtirol machen – ist schwer nachvollziehbar.

Was sicher ist: Für Baugründe in Neubauzonen wird mit 100%iger Konventionierung weniger bezahlt werden, wenn der freie Teil wegfällt. Wer bereits Vorverträge für derartige Baugründe abgeschlossen hat, wird den Preis revidieren oder die Gewinnmarge nach unten korrigieren müssen. Dass gar nicht mehr gebaut wird, ist angesichts der Wohnungsnot in Südtirol nicht ganz nachvollziehbar.

Es wird halt wieder mehr selbst gebaut, in Wohnbaugenossenschaften gebaut oder es bauen gemeinnützige Bauträger. Für diese Kategorien ändert sich durch 100% Konventionierung nichts, im Gegenteil, es steht mehr Bauland zur Verfügung. Die Bauträger können sich hingegen stärker auf den Bestand konzentrieren und diesen revitalisieren. Der Bestand wird insgesamt deutlich wertvoller und der eine oder andere Leerstand wird naturgemäß beendet werden. Dadurch wird insgesamt dem Anspruch Rechnung getragen, dass Kulturgrund zu schützen ist, weil neue Wohnbauzonen ausschließlich für Ansässige reserviert sind.

5 Antworten zu „Konventionierte Wohnungen in Südtirol: Wohnungen für Ansässige”.

  1. Avatar von 100 Prozent Konventionerung in Südtirol: Wird das Wohnen billiger oder teurer? – Demanega

    […] Debatte rund um konventionierte Wohnungen in Südtirol wirft einige Fragen auf. Die einen behaupten, das Wohnen werde teurer, die anderen […]

    Like

  2. Avatar von „Ausverkauf der Heimat“: Von der Polemik zur Verantwortung – Demanega

    […] Gebäude sowie der Baukultur, eine konsequente Nachverdichtung oder die Reservierung (oder Konventionierung) von neu ausgewiesenem Bauland für Anässige können korrigierend wirken. Vielerorts herrscht […]

    Like

  3. Avatar von Wohnbau: Konventionierung, was ist das? – Demanega

    […] Konventionierte Wohnungen in Südtirol: Wohnungen für Ansässige […]

    Like

  4. Avatar von Energiebonus in Südtirol: Mehr Energieeffizienz, mehr Wohnvolumen – Demanega

    […] Konventionierte Wohnungen in Südtirol: Wohnungen für Ansässige […]

    Like

  5. Avatar von Löschung der Konventionierung (Wohnen für Ansässige) – Demanega

    […] Konventionierte Wohnungen in Südtirol: Wohnungen für Ansässige […]

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..