Der Ablauf eines zivilrechtlichen Verfahrens in Italien folgt festen Regeln, die in der italienischen Zivilprozessordnung (Codice di Procedura Civile) festgelegt sind.
Wesentlich sind im Rahmen eines Zivilprozesses: der Gleichheitsgrundsatz, das Recht, juristische Schritte einzuleiten, das Recht zur Verteidigung sowie das Recht auf einen gerechten Prozess.
Das Eröffnungsverfahren (Art. 163 cpc)
Die Einleitung des Verfahrens beginnt mit der Klageerhebung (citazione). Es gilt: „Nemo judex sine actore“ (keine Klage ohne Kläger). Mit der „citazione“ macht der Kläger ein Recht gegenüber dem Beklagten geltend. Der Streitgegenstand wird als „oggetto della domanda“ bezeichnet. Als „causa petendi“ werden die tatsächlichen und rechtlichen Umstände bezeichnet, die den Anspruch begründen. Daneben gibt der Kläger die Bestimmung des Termins vor dem Gericht bekannt.
Der Kläger (attore) hat nach Art. 165 cpc spätestens 10 Tage nach der „citazione“ mit seinem Anwalt den Eintragungsantrag beim zuständigen Gericht zu stellen. Der Kanzleibeamte legt die Gerichtsakte an.
Der Beklagte (convenuto) hat sich nach Art. 166-167 cpc hingegen bis zu 20 Tage vor dem in der „citazione“ genannten Termin zu konstituieren, indem er seine Parteiakte anlegt, in welcher die Klageerwiderung (comparsa di risposta) als Stellungnahme beigefügt ist. Es handelt sich um die einzige Verfahrensphase, in der der Beklagte verfahrensrechtliche Einwände sowie die Vorladung von Dritten geltend machen kann. Dieses Recht ist verwirkt, insofern die Fristen nicht eingehalten werden.
Damit ist das Eröffnungsverfahren abgeschlossen.
Das Instruktionsverfahren
Der Instruktionsrichter prüft die die Partei- und Prozessfähigkeit und stellt fest, ob alle notwendigen Streitparteien am Verfahren beteiligt sind oder nachzuladen sind. Schließlich bestimmt der Instruktionsrichter den Termin für die erste Verhandlung in der Sache (prima udienza di trattazione) und setzt die Frist für die Einsprüche.
Anlässlich der ersten Verhandlung in der Sache (Art. 183 cpc) werden zunächst die Positionen formell und inhaltlich überprüft. Es folgt die erste Verhandlung. Der Richter bemüht sich um eine gütliche Beilegung. Andernfalls werden die Aussagen der Parteien zu Protokoll gebracht, es werden Klarstellungen erbracht und die Parteien werden auf die Fragen hingewiesen, auf die einzugehen ist. Der Kläger kann neue Klagebegehren vorbringen oder Dritte in den Rechtsstreit rufen (chiamata di un terzo in causa).
Die Streitparteien können bis zur gesetzten Frist Begehren, Anträge und Einsprüche formulieren.
Das Beweisverfahren
Mit dem Beschluss (ordinanza) zur Instruktion wird das Beweisverfahren eingeleitet. In einer Beweisverhandlung (Art. 184 cpc) werden die zulässigen Beweismittel bestimmt. Grundsätzlich sind die zulässigen Beweismittel im Zivilkodex festgehalten. Diese umfassen: Zeugenvernehmungen, Urkundenbeweis, Gutachten durch Sachverständige (CTU – Consulente Tecnico d’Ufficio, CTP – Consulente Tecnico di Parte).
Das Beweisverfahren wird schließlich durch den Instruktionsrichter geschlossen.
Die Parteien werden aufgefordert, ihre Anträge (conclusioni), über die das Gericht entscheiden soll, zu präzisieren. Die Parteien sind aufgefordert, die Schlussschriftsätze zu formulieren. Auf die jeweiligen Schlussschriftsätze können die Gegenparteien eingehen.
Das Entscheidungsverfahren
Das Erkenntnisverfahren geht in das Entscheidungsverfahren über. Der Instruktionsrichter führt als Berichterstatter in den Rechtsstreit ein. Es folgt die mündliche Verhandlung.
Nach der Beweisaufnahme und den Schlussvorträgen der Parteien, die in den Schriftsätzen (comparse conclusionali und memoria di replica) erfolgen, schließt der Richter die Verhandlung ab.
Rechtsmittel
Rechtsmittel sind: Berufung (appello): Gegen das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts kann bei einem Berufungsgericht (Corte d’Appello) Einspruch erhoben werden. Hierbei werden Fehler in der Anwendung des Rechts oder der Tatsachenbewertung überprüft. Kassation (ricorso per cassazione): In letzter Instanz kann der Fall vor den Kassationsgerichtshof (Corte di Cassazione) gebracht werden, der nur die korrekte Anwendung des Rechts prüft.
Besondere Verfahren sind: Einstweilige Verfügungen (Provvedimenti d’urgenza): In dringenden Fällen kann der Kläger eine vorläufige gerichtliche Anordnung beantragen. Vereinfachte Verfahren: Für bestimmte Streitigkeiten (z. B. Arbeitsrecht) gibt es beschleunigte und weniger formelle Verfahren.
Literatur:
[1] Andreas Piekenbrock: „Der italienische Zivilprozeß im europäischen Umfeld: Eine rechtsvergleichende Studie unter Hervorhebung der richterlichen Verfahrensleitung“, Duncker & Humblot, Berlin 1995


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