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Straßenbau in weichen Böden: Technische Herausforderungen

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Bauen in weichen Böden ist eine komplexe Angelegenheit, die nicht nur vom Boden selbst, sondern wesentlich von den hydrologischen Gegebenheiten abhängt. Ein weicher Boden ist ein Boden mit einer bestimmten Kornzusammensetzung, der bei einem bestimmten Wassergehalt eine spezifische Konsistenz (Plastizität) an den Tag legt. Das Plastizitätsdiagramm stellt ein Verhältnis zwischen Fließgrenze und Plastizitätszahl dar, wobei letztere die Differenz aus Fließgrenze und Ausrollgrenze darstellt. In Zusammenhang mit dem Plastizitätsdiagramm hat Arthur Casagrande Herausragendes geleistet.

Insbesondere Verkehrsbauwerke sind an die Topographie gebunden. Folglich gehören komplexe und komplizierte Baugründe zum täglichen Geschäft. Bei Verkehrsinfrastruktur wird das fertige Bauwerk in einen Oberbau und in einen Unterbau unterteilt, während der Untergrund den eigentlichen Baugrund als vorhandener Boden oder Fels darstellt. Der Untergrund wird je nach Erfordernis verbessert.

Das Planum ist der Übergang zwischen Unterbau und Oberbau, auf jeden Fall die plangerechte Oberfläche für den Oberbau.

Der Oberbau ist nicht Teil des Erdbaus, sondern ergibt sich aus dem Verkehrsbetrieb heraus. Ist der Untergrund in seiner Form und Lage bereits geeignet, kann auf den Unterbau verzichtet werden. Der Unterbau gehört hingegen zum Erdbau. Der Erdbau umfasst den Dammbau, Einschnitte, Auffüllungen, Hinterfüllungen und Bodenaustausch. Infolgedessen versteht sich unter Erdbau jener Bereich, der den Boden als Baustoff einsetzt.

Das Unterbauplanum stellt die Oberfläche des Untergrundes dar, auf der der Unterbau steht.

Bindige Böden sind dadurch charakterisiert, dass sich aus der Wasserhülle, die die einzelnen Körner bedeckt, eine Anziehungskraft oder Kohäsion ergibt. Wird dem Boden Wasser hinzugefügt, vergrößert sich die Hülle und der Boden wird weicher. Infolgedessen hängt das Verhalten stark von den Porenräumen ab, die bei Schluffen ausgeprägter sind und bei Tonen eine sehr geringe Durchlässigkeit bedingen. Bindige Böden sind in der Regel vor Wasserzutritt zu schützen (wenn sie trocken sind) oder vor Wasserverlust zu schützen (wenn sie feucht sind), weil die Bodeneigenschaften wesentlich vom Wassergehalt abhängen.

Materialwahl

Für bautechnische Zwecke werden Böden klassifiziert und zwar in Hinblick auf ihre Scherfestigkeit, Verdichtungsfähigkeit, Zusammendrückbarkei, Durchlässigkeit, Erosionsempfindlichkeit und Frostempfindlichkeit. Klassifiziert wird gemäß:

  • Korngrößenverteilung
  • Plastischer Eigenschaften (Fließgrenze und Plastizitätszahl)
  • Massenanteil organischer Bestandteile bzw. Fremdstoffe

Zu den Erdbaustoffen gehören einerseits natürliche Böden, andererseits Recyclingbaustoffe, industrielle Nebenprodukte (Metallhüttenschlacke, Hausmüllverbrennungsasche, Kraftwerksnebenprodukte, Bergbaurückstände) als auch Leichtbaustoffe.

Leichtbaustoffe, etwa Bims, Blähton, Blähschiefer, Glasschaum-Granulat oder EPS-Hartschaumstoffe, sind besonders in Zusammenhang mit weichen Böden interessant, da diese das Eigengewicht und in der Folge die Setzungen minimieren. Vielfach werden Leichtbaustoffe auch verwendet, um im Bereich von Brücken die Auflast auf die Widerlager reduzieren.

Hartschaum ist allerdings chemisch nicht immer beständig, temperaturempfindlich sowie UV-empfindlich, wie wir aus dem Hochbau wissen. Blähton ist aufgrund der kugeligen Form weder gut verdichtbar noch widerstandsfähig gegenüber Scherkräften, da der Verzahnungseffekt fehlt. Demgegenüber erreicht Glasschaum-Granulat, das aus Altglas hergestellt wird, gute bodenmechanische Eigenschaften auf, nämlich einen Reibungswinkel von 35 bis 40° sowie gute Verdichtungseigenschaften, folglich eine hohe Steifigkeit. Die Dichte beträgt nur ein Zehntel von mineralischen Erdbaustoffen.

Im Bereich von weichen Böden ist es essenziell, über Baugrunduntersuchungen und Setzungsberechnungen den Dammaufbau abzustimmen, um die anfallenden Setzungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.

Bauweisen

Das Bauen in weichen Böden stellt eine technische Herausforderung dar:

  • Beim Bodenaustausch wird weicher, bindiger Baugrund durch nichtbindigen Boden ersetzt. Zur Beurteilung des Umfanges des Bodenaustausches sind erdstatische Berechnungen durchzuführen.
  • Die Bodenverdichtung mit einem Tiefenrüttler eignet sich für locker gelagerte, nichtbindige Böden. Bei locker gelagerten, feinkörnigen nichtbindigen Böden oder Feinsanden können sich dabei Verflüssigungszustände einstellen. Breiige oder weiche bindige Böden sind wegen des hohen Wassergehaltes nicht effizient verdichtbar. Durch schwere Fallgewichte (dynamische Intensivveerdichtung) sind gut wasserdurchlässige, schwach bindige oder wassergesättigte bindige Böden verdichtet werden. Dabei wird durch die Schläge die Bodenstruktur aufgerissen und der Porenwasserdruck abgebaut.
  • Eine Bodenauflast durch Aufbringen einer Schüttung mit hoher Wichte und hohem Reibungswinkel verbessert die Erdwiderstände. Im weichen Baugrund ist durch eine Filterlage, eine begrenzte Schüttdicke oder eine geeignete Kornzusammensetzung ein Durchstanzen zu verhindern. Durch die Vorbelastung wird die Tragfähigkeit verbessert und es werden Setzungen vorweggenommen.
  • Bodenverfestigungen eignen sich hingegen nur in gut durchlässigen, nichtbindigen Böden.
  • Eine Konsolidierung des bindigen Bodens kann durch Vertikaldräns (Sanddräns) beschleunigt werden. Dadurch werden die Konsolidierungssetzungen (primäre Setzungen) beschleunigt. Nicht betroffen sind von dieser Beschleunigung allerdings sekundäre Setzungen (Kriechsetzungen).
  • Eine Bodenverbesserung ist durch das Vakuumverfahren mit Vertikaldräns möglich. Während bei Vorbelastungen die totalen Spannungen durch die Auflast erhöht werden, wird durch das Vakuumverfahren der Porenwasserdruck minimiert, folglich bei gleichbleibenden totalen Spannungen.
  • Eine Bodenverbesserung kann im nichtbindigen, verdichtungsfähigen Boden durch das Rütteldruckverfahren (Rütteldruckverdichtung RDV) durchgeführt werden, weil bereits geringe feinkörnige Anteile die Verdichtung verhindern (die feinkörnigen Bodenteilchen werden nicht durch Schwingung voneinander getrennt). Infolgedessen wird in weichen Böden die Rüttelstopfverdichtung (RSV) angewandt, bei dem der anstehende Boden verdrängt und durch gut verdichtetes, grobkörniges Material ersetzt wird. Die Rüttelstopfsäulen werden durch Geotextilien ummantelt und in einem Abstand von 1,5 bis 2,0 Meter angeordnet. Die „Pfähle“ mit einem Durchmesser von 0,6 bis 0,8 Meter (oder mehr) wirken wie Vertikaldräns und binden in tragfähige, tiefer liegende Bodenschichten ein. Erreichbar sind Tiefen von 20 bis 40 Metern. Bei hohen Lasten sind Ortbetonrüttelsäulen möglich.
Übersicht Rüttelstopfverdichtung, Firma Keller Grundbau

Literatur:

[1] Dietmar Adam, in: Karl Josef Witt: „Grundbau-Taschenbuch: Teil 2. Geotechnische Verfahren“, Ernst und Sohn Verlag, Hoboken 2018

[2] Jürgen Schmitt, Ulrich Burbaum, Antje Bormann: „Simmer Grundbau 1 – Bodenmechanik und erdstatische Berechnungen“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2022

[3] Arbeitsausschuss „Ufereinfassungen“ der Hafentechnischen Gesellschaft e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V.: „Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen – Häfen und Wasserstraßen“, Ernst und Sohn Verlag, Berlin 2021

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