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Tunnelversagen: Ursachen und Mechanismen

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Die Gebirgsbeurteilung umfasst im Wesentlichen die Beurteilung potenzieller Gefährdungsbilder während Bau und Nutzung einesTunnels.

Im Lockergestein sind die folgenden Gefährdungsbilder gegeben:

  • Lockermaterialeinbruch: Kleinere Steine bis ganze Schichtmassen können sich vor allem in der Tunnelfirste lösen und einbrechen, was auf einer lokalen Inhomogenität basiert. Gegenmaßnahmen: Gitterträger mit Netzen sowie Spritzbeton.
  • Ortsbrust-Instabilität: Die Gefahr der Instabilität der Ortsbrust kommt insbesondere bei geringer Kohäsion vor. Gegenmaßnahmen: Rohrschirm, Jetting, Anker, Pfähle.
  • Tagbruch: Fortsetzung der Ortsbrust-Instabilität bis an die Oberfläche.
  • Setzungen: Setzungen an der Oberfläche. Gegenmaßnahmen: Setzungsarmes Bauen, Bodenstabilisierungen.
  • Sandlinsen. Lokale Sandlinsen, die durch Hangwasser gesättigt sein können. Gegenmaßnahmen: Entspannung und Entwässerung gesättigter Sandlinsen.
  • Grundbruch Kalottenfuß: Lokal erhöhte Pressungen durch das Sicherungsbauwerk. Gegenmaßnahmen: Verbreiterte Kalottenfüße, Mikropfähle, Jetpfähle, Anker.
  • Strossenabbau: Bei einem Kalottenvortrieb entsteht in der zweiten Phase, dem Strossenabbau, ein ungesicherter Bereich zwischen Kalotte und Sohle. Im Übergangsbereich kann sich ein Versagen einstellen. Hinzu kommt ein seitliches Einbrechen der ungesicherten Strosse. Gegenmaßnahmen: Kurze Abbaulängen, seitliche Stabilisierung mittels Pfählen.

Im Festgestein sind die Gefährdungsbilder darauf zurückzuführen, dass durch den Ausbruch die stützende Wirkung des Kerns entfällt. Dabei wirken diverse Einwirkungen.

Erstens, der Auflockerungsdruck, der dadurch bewirkt wird, dass sich durch den Hohlraum im Lockergestein Gleitlinien und im Festgestein Bruchflächen ausbilden.

Zweitens, der echte Gebirgsdruck: Nach dem Ausbruch des Hohlraumes entstehen Spannungsumlagerungen und in der Folge Spannungskonzentrationen, Fließbedingungen und plastische Verformungen. Der echte Gebirgsdruck wirkt dieser Tendenz entgegen und wirkt sich als Druck auf das Sicherungsbauwerk aus. Der Begriff des „echten Gebirgsdrucks“ entsteht bei Ladislaus von Rabcewicz als Gebirgsdruck, der „durch Naturkräfte, die eine bestimmte Richtung haben, bedingt ist“.

Die Versagensmechanismen im Festgestein sind:

  • Niederbrechen von Steinen: Lokale Auflockerung, zumeist im Forstbereich. Gegenmaßnahmen: Einbau von Netzen und Spritzbeton.
  • Niederbrechen von Kluftkörpern: Kluftkörper von vielen Kubikmetern. Gegenmaßnahmen: Klüftkörper- und Systemanker mit Netzen und Spritzbeton.
  • Echter Gebirgsdruck: In Gesteinsarten geringer Festigkeit und hoher Verformbarkeit verengt sich der ausgebrochene Querschnitt innerhalb von Tagen, Wochen und Monaten durch große Verformungen. Im Extremfall wächst der Querschnitt weitgehend zu. Gegenmaßnahmen: Überprofil ausbrechen, nachgiebige Sicherungen einbauen; warten, bis die Gebirgsverformungen konvergieren, Querschnitt nachprofilieren; genügend große Ausbauwiderstände einbauen.
  • Bergschlag (Sprödbruch): Explosionsartige Ablösung von Gesteinsschalen bei tiefliegenden Tunneln mit hoher Überdeckung, im Bereich steiler Talflanken, Auftreten bei massigen, wenig durchtrennten, spröden Gesteinen (bspw. Granit). Gegenmaßnahmen: Systemanker, Bögen.
  • Wassereinbruch durch offene Klüfte: Wasserführende Kluftsysteme. Gegenmaßnahmen: Entwässerungsvorrichtungen, Pumpvorrichtungen.
  • Gasaustritt: Austreten von Gas aus Kluftspalten. Gegenmaßnahmen: Sensoren.

In sehr druckhaften Gebirgsarten wird eine vorauseilende Sicherung durchgeführt. Dabei werden Anker, Rohrschirme, Injektionsbohrungen und geneigte oder horizontale Hochdruckinjektionen ausgeführt, um eine Erhöhung der Tragfähigkeit zu erzielen.

Literatur:

[1] Gerhard Girmscheid: „Baubetrieb und Bauverfahren im Tunnelbau“, Ernst und Sohn, Berlin 2013

[2] Leopold Müller: „Der Felsbau – Band 3 Tunnelbau“, Springer Verlag, Heidelberg 1978

[3] Ladislaus von Rabcewicz: „Gebirgsdruck und Tunnelbau“, Springer-Verlag, Wien 1944

[4] Helmut Prinz und Roland Strauß: „Ingenieurgeologie“, Springer Spektrum, Berlin 2017

Eine Antwort zu „Tunnelversagen: Ursachen und Mechanismen”.

  1. Avatar von Instandhaltung von Tunnelbauwerken – Demanega

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