Im Handwerk geht der Mensch eine Beziehung zur Materie ein. Durch die Fertigkeiten des schaffenden Menschen wird das Material transformiert, verändert und geformt. Die hochwertige Ausbildung der Details ist nur durch ein Eins-Werden des Schaffenden mit dem Material und im förmlichen Aufgehen in der gebauten Form denkbar. Der ermöglichten Transformation geht ein geistiges Werk voraus, das sich fortan in der geformten Materie wiederfindet. Einher geht damit auch ein bestimmtes Maß an Demut gegenüber der Materie und der Schöpfung.
Im Alpenraum mag die Holzbauweise die historische Art und Weise des Bauens gewesen sein. Insgesamt ist die Frage, wie gebaut wird, anfangs immer eine Frage der zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen. Erst später mögen sich Geschmack, Stil und Gestaltungsprogramm über diese primäre Ebene gelagert haben.
Ein Haus aus Holz aus dem Boden heraus zu bauen, ist – unter Beachtung der Wirkung der Bodenfeuchtigkeit auf das Gebäude und das Holz – alles andere als einfach. Die Pfostenbauweise, also das Rammen von Pfosten in das Erdreich, war von der Verarbeitung her naheliegend. Durch die Holzpfosten konnte das Bauwerk durch die Einspannung im Erdreich schnell tragfähig und stabil gemacht werden. Wenngleich die Dauerhaftigkeit durchaus problematisch war. Durch Verkohlen der Oberfläche oder anderweitige Techniken konnten die Fasern der Holzpfosten zumindest verschlossen werden.
Vielfach bildeten einzelne Pfosten vorerst die vertikale Tragstruktur für eine Blockbauweise, bei welcher die Konstruktion noch ohne wirkliche Verbindungen, nur als Gabelung und mit Schnürtechnik auskam. Die horizontalen Baumstämme wurden in die vertikal ausgeführten Gabellagern eingefügt.
Die eigentümliche Form, die sich aus dem Nadelholz ergibt, ist der Blockbau. Baumstämme übereinander zu schichten ist die einfachste Art und Weise, mit dem Holz einen abgeschlossenen Raum zu schaffen – insofern die Baumstämme regelmäßig und gerade sind, was beim Nadelholz grundsätzlich der Fall ist.
Massive Stämme bilden beim Blockbau Konstruktion und Raumabschluss. Die Konstruktion ist denkbar einfach und besteht in der Schichtung der Baumstämme. Das Dach wird – der Einfachheit geschuldet – eher flach ausgeführt. Der Schnee soll möglichst lange am Dach bleiben und mitunter auch dämmend wirken. Die Dachdeckung erfolgt mittels Schindeln oder Steinplatten aus Schiefer, je nach geographischer Verfügbarkeit.
Der Blockbau ist als die ursprüngliche Art und Weise, menschliche Behausungen zu schaffen, im zentralen Alpengebiet verwurzelt. Ähnliche Formen sind dann wiederum im nordeuropäischen Raum auffindbar.
Es war in der Folge mehr als naheliegend, aus Gründen der Dauerhaftigkeit die hölzernen Strukturen gegen Feuchtigkeit zu schützen, sie aus dem Erdreich förmlich herauszuheben. Ausgehend vom Pfostenbau entwickelt sich der Ständerbau.
Der Vorteil der Pfostenbauweise bestand in dem Umstand, dass die Pfosten bis zu einen Meter und mehr in den Boden eingegraben oder eingerammt wurden, sodass das Bauwerk weitestgehend stabil und standfest war. Allerdings ging diese Stabilität zu Lasten der Dauerhaftigkeit. Holz kann sowohl dauerhaft im Trockenen als auch dauerhaft im Nassen überdauern, reagiert allerdings auf die wechselnde Durchfeuchtung und Austrocknung überaus empfindlich. Mit dem Übergang auf den Ständerbau musste die Stabilität konstruktiv erst hergestellt werden.
Das Ständerbauwerk wird auf den Schwellriegel gestellt. Dabei handelt es sich um ein widerstandsfähiges, liegendes Bauholz, etwa um ein Eichenholz, welches durch eine Mauerbank aus Stein konstruktiv vom Boden abgehoben wird. Die Ständer werden in die Schwellen eingezapft. Da die Konstruktion, die jetzt nicht mehr in das Erdreich eingespannt ist, horizontal und vertikal ausgesteift werden muss, um konstruktiv ein bauliches Ganzes zu bilden, eröffnet sich eine Vielzahl an konstruktiven Schwierigkeiten.
Der Denkmalschützer Paul Werner schreibt zu diesen Erfordernissen: „Die erforderliche Steifigkeit war nur durch das Einfügen von Dreiecksverbänden zu erzielen. Dies erfolgte durch das Einzapfen oder Einblatten von Bändern und Streben. Bänder verbinden die Säule mit der Schwelle (Fußbänder) oder mit dem Kranz (Kopfbänder), ihre Durchschnittslänge liegt um 1 Meter. Streben sind dagegen geschosshohe Schräghölzer, die von der Schwelle bis zum Kranz durchgehen und dabei eine Säule kreuzen, sie erfüllen also die Funktion eines Kopf- und Fußbandes“ [1].
Die Notwendigkeit, solcherlei Verbindungen im Holz zu schaffen, die das Bauwerk standfest machen und gegen den Wind sowie gegen anderweitige horizontale Lasten, etwa Erdbeben, auszusteifen, wirkte in der Folge wesentlich gestalterisch mit.
Andere Bauweisen setzen sich hingegen nördlich der Alpen durch, wo der Nadelwald spärlicher ist und Laubwald zunimmt. Laubholz hat im Gegensatz zum Nadelholz weit weniger regelmäßige Stämme. Die konstruktiven Anforderungen für den Blockbau sind folglich nur mehr bedingt gegeben. Ebenso ist Laubholz schwerer, weshalb Laubholz vielfach im Innenausbau zur Anwendung kommt.
Die urtypische Form für den Laubholzbau ist der Fachwerkbau. Begünstigt wird diese Bauweise durch den Umstand, dass durch die Fachwerksverbände auch kurzwüchsige oder unregelmäßige Stämme zur Anwendung kommen können. Die Ausfachung erfolgt mittels Lehm oder Ziegel.
Literatur:
[1] Werner, Paul: „Das Bundwerk in Bayern – Die schönste Zimmermannskunst der bäuerlichen Baukultur“, Verlag Anton Plenk, Berchtesgarden 2000


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