Baugruben sind temporäre Aushubstrukturen im Boden, die geschaffen werden, um Raum für den Bau von unterirdischen Bauwerken zu schaffen. Baugruben sind somit ein unverzichtbarer Bestandteil vieler Bauvorhaben, die sorgfältig geplant und ausgeführt werden müssen, um die Sicherheit und Stabilität der Bauarbeiten zu gewährleisten. Infolgedessen sind für die sachgemäße Ausführung von Baugruben detaillierte Erkundungen sowie Sicherheitsvorkehrungen notwendig, die auch die Überwachung umfassen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Baugruben vielfach im urbanen Umfeld ausgehoben werden. Die dichte Bebauung und Baugruben, die immer tiefer werden müssen, eröffnen immense Herausforderungen für das Bauen im Boden. Überraschungen im Untergrund sowie komplexe Grundwasserverhältnisse steigern die Problematik.
Der Erddruck ist die Kraft, die durch die Masse des Bodens auf eine darunter liegende oder angrenzende Struktur ausgeübt wird. Er kann sowohl horizontal als auch vertikal wirken und ist ein wichtiger Faktor bei der Planung und Konstruktion von Bauwerken. Der Erddruck, der effektiv auf ein Bauwerk wirkt, hängt wesentlich von der Scherfestigkeit des Bodens ab, also von der Fähigkeit, die wirkenden Kräfte selbst abzutragen.
Die Höhe des Erddrucks hängt von den Bewegungen ab. Der Erdruhedruck bezeichnet den Erddruck, der anzusetzen ist, wenn jegliche Bewegung und Entspannung des Bodens vermieden wird.
Der aktive Erddruck hängt davon ab, inwiefern der Boden aufgelockert wird, ob die Stützung nachgiebig ist und über welche Biegesteifigkeit die Baugrubenwand verfügt.
- Nicht gestützte Baugruben basieren auf der Einspannung im Boden.
- Nachgiebig gestützt sind Baugrubenwände mit stark nachgebenden Auflagerpunkten: Dazu zählen stark geneigte Abstützungen zur Baugrubensohle sowie gering vorgespannte Anker.
- Wenig nachgiebig gestützt sind Baugrubenwände mit kraftschlüssig verkeilten Steifen, Verpressankern mit Vorspannungen von mindestens 80 Prozent der charakteristischen Beanspruchung sowie mit Pfählen, de kraftschlüssig verbunden sind und rechnerisch nur geringe Kopfbelastungen aufnehmen.
- Annähernd unnachgiebig sind Baugrubenwände, die auf einen erhöhten aktiven Erddruck bemessen werden und bei denen die Anker entsprechend vorgespannt sind.
- Unnachgiebig gestützt sind Baugrubenwände, die für einen abgeminderten oder vollen Erdruhedruck bemessen sind und entsprechend vorgespannt sind. Darüber hinaus sind die Anker über die rechnerische Länge hinaus länger auszuführen.
Verschiebungs– und verformungsarm sind Baugrubenkonstruktionen, die annähernd unnachgiebig oder unnachgiebig ausgeführt sind und darüber hinaus über eine biegesteife Baugrubenwand verfügen und gegen Fußverschiebungen geschützt sind.
Die Verteilung des Erddrucks hängt wesentlich von der Konstruktion ab. Bei nicht oder nachgiebig gestützten Baugrubenwänden stellt sich eine Drehung um einen tief gelegenen Punkt ein und es ist eine klassische, dreiecksförmige Erddruckverteilung naheliegend.
Bei wenig nachgiebig gestützten Baugrubenwänden treten im Baufortschritt Drehbewegungen der Wand um höher liegende Drehpunkte sowie Bewegungen und Durchbiegungen auf. Daraus ergibt sich eine Erddruckumlagerung. Folglich konzentriert sich der Erddruck auf die Stützungen. Steifigkeiten ziehen Kräfte an.
Ebenso starke Erddruckumlagerungen sind bei mitteldicht oder dicht gelagerten nichtbindigen Böden sowie bei steifen bis festen bindigen Böden zu erwarten.
Die Berechnung von Baugrubenwänden ist alleine mit den Gleichgewichtsbedingungen nicht möglich, weil es sich um hochgradig statisch unbestimmte Systeme handelt.
Bei nachgiebige Baugrubenkonstruktionen ist die Erddruckverteilung in der Regel „frei wählbar“, was nicht willkürlich bedeutet. Um Berechnungen durchführen zu können, sind vereinfachte Spannungsverteilungen mit geraden Linien zu wählen. Rechteckverläufe sind im Bereich von Baugrubenkonstruktionen, die wenig nachgeben, also im Bereich von Verankerungen, naheliegend. Zudem liegt es an den Modellannahmen, welche Kraftverteilung sich konkret einstellt.
Das Ersatz-Lastbild von Blum ist ein theoretisches Konzept, das von Hermann Blum entwickelt wurde, um die Berechnung von Einspannwirkungen auf Baugrubenwände zu vereinfachen. Blum geht von einer dreiecksförmigen Erdwiderstandsfigur mit einer Gegenkraft am Fußpunkt aus. Mit dem Lastansatz von Blum werden die Einbindetiefe sowie die Schnittlasten berechnet. Aktive Erddrücke und Erdwiderstände werden getrennt betrachtet.
Der Erdwiderstand wird dabei nicht in seiner vollen Höhe angesetzt, weil der entsprechende Wert eine beliebig große Wandverschiebung betrifft und folglich mit Sicherheitsabschlägen belegt wird. In der Praxis ist folglich eine Reserve vorhanden.
Literatur:
[1] Achim Hettler, Theodoros Triantafyllidis und Anton Weißenbach: „Baugruben“, Ernst und Sohn Verlag, Berlin 2018
[2] Gerd Möller: „Geotechnik – Grundbau“, Ernst und Sohn Verlag, Hoboken 2017


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