Befasst man sich mit der Wasserwirtschaft, so wird schnell klar, dass der Investitionsaufwand vorwiegend im Bereich der Wasserverteilung (65 – 75 Prozent) gebunden ist, während die Wassergewinnung 15 – 20 Prozent und die Wasserspeicherung 10 – 15 Prozent ausmacht.
Wassergewinnung
Trinkwasser entstammt grundsätzlich aus Grundwasser (Brunnenwasser, aber auch Quellwasser), aus Oberflächenwasser, Niederschlagswasser oder aus Meerwasser. Aus diesen verschiedenen Bezugsquellen wird das Wasser in Reservoirs, also Wasserspeichern, gesammelt.
Quellwasser und Grundwasser bezeichnen grundsätzlich das gleiche. Quellen sind allerdings Orte, an denen Grundwasser natürlich austritt, was von der geologischen und geomorphologischen Lage abhängt. Zumeist wird das Grundwasser durch undurchlässige oder schwer durchlässige Schichten aufgestaut und tritt dann aus. Quellen werden allerdings vielfach technisch erschlossen.
Während Grundwasser zeitlich und qualitativ stabil ist, ist Quellwasser schwankender. Diese Schwankungen resultieren aus jahreszeitlichen Schwankungen. Grundsätzlich versprechen große Einzugsgebiete eine große Wassermenge. Höhere Geländeneigungen tendieren allerdings zu großen Schwankungen. Umso höher die Überdeckung von Wasserleitern ist, umso besser ist die Filterwirkung und in der Folge auch die Wasserqualität. Ein feinkörniger, aber durchlässiger Gefügeaufbau garantiert eine gute Filterwirkung.
Eine qualitativ hochwertige Quelle zeichnet sich durch annährend konstante Bedingungen aus. Gute Quellschüttungen sind gegeben, wenn die Relation zwischen maximaler und minimaler Schüttung und Temperatur relativ gleichbleibend sein.
Quellfassungen werden in der Regel mit gelochten Kunststoffrohren ausgeführt, um welche ein Filter aus gewaschenem Kies (abgestufte Korngrößen, gewaschener Rollschotter 16/32, nicht verdichtbar) angeordnet ist. Eine Abdeckung (Mindestens 3 Meter, Lehm oder Beton, mit Neigung, um Wasserstau zu vermeiden) schützt den Fassungsbereich vor dem Eindringen von Oberflächenwasser. Die Quellfassung besteht aus
- Wasserfassung
- Ableitung zum Quellsammelschacht (mindestens DN100)
- Quellsammelschacht
Der Quellsammelschacht besteht aus dem Absetzbecken (Sandfang), dem Entnahmebecken sowie einer begehbaren Trockenkammer. In der Regel bestehen die Quellsammelschächte entweder aus Ortbeton (mindestens 25 cm Stärke) oder Fertigbauteilen. Die Quellsammelschächte werden außen entwässert / dräniert.
Wasserspeicherung
Reservoire dienen dem Tagesausgleich, also Speisung und Verbrauch, inklusive Reserven für Notfälle und Löscheinsätze. Aus dem Tagesverbrauch berechnet sich inklusive Sicherheiten das geplante Fassungsvermögen, das in der Regel bestimmte Einheitsmaße hat.
Die Größenordnung des Reservoirs richtet sich folglich an den erwarteten Verbrauch sowie an den Wasserverbrauch nach 1 – 2 Tagen. Infolgedessen richtet sich das Speichervolumen nach dem zweifachen Tagesbedarf.
Die Energielinie ist im Wasserbau der Verlauf der Summe aus potenzieller und kinetischer Energie entlang eines Fließgewässers oder einer Rohrleitung. Grundlage bildet die Bernoulli-Gleichung, welche den Zusammenhang zwischen Geschwindigkeitsenergie, Druckenergie und Lageenergie ausdrückt. Die Energielinie variiert, bezogen auf ein Wasserversorgungsnetz, je nach Betriebszustand.
Bezugnehmend auf die Energielinie wird eine Energiehöhe im Betriebsdruck von 40 bis 100 Meter Wassersäule über dem Straßenniveau mit Druckschwankungen zwischen 5 und 15 Metern angepeilt.
Aus diesen theoretischen Überlegungen heraus wird die Standortwahl für Wasserspeicher getroffen (Höhe, Zugänglichkeit, Entfernung zum Verbrauch, Baugrund). Wasserspeicher können als Zentralbehälter (innerhalb einer Siedlung) oder als Gegenbehälter (nach einer Siedlung) oder Durchlaufbehälter (vor einer Siedlung) ausgeführt werden. Die Versorgungssicherheit von Durchlaufbehältern ist gering, der Steuerungsaufwand aber gering.
Wasserverteilung
Wasserverteilungsnetze können entweder aus Verästelungsnetzen oder aus Ringleitungen bestehen.
Ein Verästelungsnetz besteht aus einer Hauptleitung, die sich in mehrere Zweigleitungen verzweigt, ähnlich den Ästen eines Baumes. Jede Verzweigung liefert Wasser zu verschiedenen Teilen des Verteilungsgebiets. Wenn eine Leitung beschädigt oder gewartet werden muss, kann dies zur Unterbrechung der Wasserversorgung in den angeschlossenen Bereichen führen. Das Wasser kann stagnieren und in den entferntesten Bereichen des Netzes länger verweilen, was die Wasserqualität beeinträchtigen kann.
Das Verästelungsnetz kommt nur für dünn besiedelte Gebiete in Betracht.
Ein Ringnetz besteht aus einem geschlossenen Kreislauf oder mehreren miteinander verbundenen Kreisläufen (Maschen), durch die das Wasser zirkuliert. Dies ermöglicht mehrere Zufuhrwege zu jedem Punkt im Netz. Daraus ergibt sich höhere Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit, da das Wasser aus mehreren Richtungen zugeführt werden kann. Bei einem Ausfall einer Leitung bleibt die Versorgung meist gewährleistet. Zudem ist die Wasserqualität durch kontinuierliche Bewegung und geringere Stagnation besser. Ringleitungen sind allerdings komplizierter zu planen, zu installieren und zu warten. Der Druck kann in verschiedenen Teilen des Netzes variieren, was ein komplexeres Druckmanagement erfordert.
In der Regel bestehen Mischformen (Ringnetz mit Verästelungen).
Für die Bemessung von Rohrleitungen gilt, dass Wasser als inkompressible und zähe Flüssigkeit betrachtet wird (stationäre Verhältnisse im Rahmen der Berechnung der Energie- und Drucklinien). Die Festlegung des Leitungsdurchmesser richtet sich nach dem erwarteten Druck am Verbrauchsort. Energieverluste sind dabei zu beachten (Darcy-Weisbach-Gleichung oder Prandtl-Colebrook-Gleichung).
Für die Wasserversorgung gelten die spezifischen Druckbereiche, wobei 1 bar rund 10 Metern Wassersäule entspricht: 10-16 bar (Druckreduzierventile), 4-10 bar (serienmäßige Materialien), 5-6 bar (Üblicher Ruhedruck), 1-4 bar (Druckerhöhung für höhere Stockwerke erforderlich).
Literatur:
[1] Peter Fritsch, Werner Knaus, Gerhard Merkl, Erwin Preininger, Joachim Rautenberg, Matthias Weiß, Burkhard Wricke: „Mutschmann/Stimmelmayr – Taschenbuch der Wasserversorgung“, Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2019


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