Um die Hochpreislage in Südtirol in den Griff zu bekommen, wird auf politischer Ebene derzeit eine eigene autonome Regulierungsbehörde debattiert.
Regulierungsbehörden kontrollieren die Verteilung und den Verkauf und wahren den Wettbewerb im Sinne des Endverbrauchers. Regulierungsbehörde können allgemeine Vorgaben zur Festlegung der Preise sowie zur Vertragsgestaltung tätigen und unter Umständen auch eine Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, falls gerechtfertigt, festlegen. Ein direkter Einfluss auf den Endpreis ist nicht gegeben. Gemäß EU-Recht sind Regulierungsbehörden für regionale Verwaltungseinheiten möglich, allerdings würde eine solche im Kontrast zu nationalen Gesetzen und womöglich zum Verfassungsrecht stehen und der nationalen Regulierungsbehörde unterstellt sein.
Der italienische Strommarkt war von 2007 bis 2024 in einen geschützten und in einen freien Bereich unterteilt, bei ersterem stellte der Stromnetzbetreiber die Stromrechnung aus. Während im geschützten Bereich die staatliche Regulierungsbehörde ARERA (Autorità di regolazione per energia reti e ambiente) den Preis festlegt, ist dieser im freien Markt den Marktbedingungen unterstellt.
In Italien bestimmt grundsätzlich der PUN (prezzo unico nazionale) in den seit 2021 sieben staatlichen Gebotszonen den Kaufspreis. Für den Käufer wird der Kaufpreis vereinheitlicht, während der Verkäufer den Verkaufspreis erhält, der in der entsprechenden Gebotszone gilt. Eine Gebotszone ist ein Teilgebiet im europäischen Binnenmarkt für Elektrizität, in der ein einheitlicher Strompreis definiert wird. Der PUN entspricht dem Durchschnittswert der Gebotszonen, gewichtet nach den Verkaufsmengen und bezieht sich auf den Handelsplatz IPEX (Italian Power Exchange). Gehandelt wird nach dem Prinzip des Folgetages (Day-Ahead-Markt für jede Stunde des Folgetages).
Die italienischen Gebotszonen sind:
- NO Zona Nord costituita dalle regioni Valle D’Aosta, Piemonte, Liguria, Lombardia, Trentino-Alto Adige, Veneto, Friuli-Venezia Giulia, Emilia-Romagna
- CN Zona Centro Nord costituita dalle regioni Toscana, Marche
- CS Zona Centro Sud costituita dalle regioni Umbria, Lazio, Abruzzo e Campania
- SU Zona Sud costituita dalle regioni Molise, Puglia, Basilicata
- CA Zona Calabria
- SI Zona Sicilia
- SA Zona Sardegna
Folglich besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem PUN-Preis und dem Preis, den die Regulierungsbehörde festlegt.
Südtirol verbraucht ungefähr 3500 GWh an elektrischer Energie, produziert allerdings rund 6000 bis 8000 Gwh, wobei der Hauptanteil Wasserkraft darstellt mit zunehmenden Anteilen, die Biomasse und Photovoltaik abdecken. Im Jahr 2021 betrug die Produktion elektrischer Energie aus Wasserkraft rund 6000 GWh, während mit Biomasse und Photovoltaik nicht ganz 300 GWh produziert wurden. Der fossile Anteil beträgt allerdings auch über 200 GWh.
Diesen Zahlen, die die elektrische Energie betreffen stehen aber Wärmeverbrauchszahlen von rund 7000 GWh gegenüber. Rund 50 % des Energieverbrauchs fällt auf Wärme, nur 25% auf elektrische Energie. Ein zunehmender Anteil wird durch erneuerbare Energie gedeckt, der größte Teil immer noch durch Gas und Heizöl. Die zunehmende Produktion von Wärme durch die Wärmepumpe wird folglich deutlich mehr elektrischen Strom beanspruchen, der gerade in den Wintermonaten durch Wasserkraft spärlich ist.
Die Überproduktion des elektrischen Stroms betrifft in Südtirol die Monate Mai bis September. In den Wintermonaten von Jänner bis März besteht tendenziell ein Unterangebot. Nicht berücksichtigt ist dabei die zunehmende Produktion von Wärme aus elektrischem Strom. Daraus folgend wird die Suche nach Speichermöglichkeiten evident.
In die Berechnung des Strompreises fließen folgende Bestandteile ein:
- Die Kosten für Beschaffung und Vertrieb, folglich wettbewerbsbedingte Bestandteile
- die Entgelte für die Netznutzung
- Staatliche Preisbestandteile wie Steuern und Abgaben.
Betrachtet man die Stromgebühren in Italien, so macht der Bestandteil Energie knapp 60 Prozent aus, über 16 Prozent betrifft Netzgebühren, 12 Prozent betrifft die Betriebsgebühren und 12 bis 13 Prozent sind Steuern.
Imsbesondere in Ländern, die viel elektrischen Strom produzieren, stellt sich die Frage, inwiefern eine direkte Beteiligung an den Gewinnen der Stromproduktion gelingen kann.
Die Dezentralisierung des Strompreises ist in zahlreichen europäischen Ländern als Aufteilung in kleinstrukturiertere Tarifzonen, in denen sich unterschiedliche Großhandelsstrompreise einstellen können, ein politisches Thema, etwa Nord- und Süddeutschland oder auch mehrere Strombörsen. Derzeit sind die Strompreise durch die nationalen Strombörsen zentralisiert. Somit kann eine Entkopplung von großräumigen Preisbildungen bewirkt werden, entsprechend wird ein Vorteil für Regionen erzielt, die mehr und effizienter Strom produzieren.
Eine Energiegemeinschaft ist ein lokaler oder regionaler Zusammenschluss mehrerer Akteure, die Energie produzieren, speichern, verbrauchen oder verkaufen. Die Möglichkeit der Gründung von Energiegemeinschaften geht auf die EU-Energieeffizienz-Richtlinie im Jahr 2018 zurück. Energiegemeinschaften oder Energiegenossenschaften bestimmen den Preis selbst. Um maximale Vorteile zu generieren, müssen sich die Produktionsanlagen und die Verbraucher im Einzugsgebiet einer Primärumspannungskabine (Konvertierung Hochspannung auf Mittelspannung) befinden. Die Leistung einer Einzelanlage ist in der Regel begrenzt (etwa auf 1.000 kW).
In größerem Maßstab ist von Bürgerenergiegemeinschaften die Rede. Durch die größeren Entferungen fallt in der Regel die Netzgebühr an, tendenziell auch staatliche Abgaben, sodass der Preis ansteigt.
Literatur:
[1] Panos Konstantin: „Praxisbuch Energiewirtschaft – Energieumwandlung, -transport und -beschaffung, Übertragungsnetzausbau und Kernenergieausstieg“, Springer Verlag, Berlin 2017
[2] Andreas Seeliger: „Energiepolitik – Einführung in die volkswirtschaftlichen Grundlagen“, Verlag Franz Vahlen, München 2018
[3] Christian Synwoldt: „Dezentrale Energieversorgung mit regenerativen Energien – Technik, Märkte, kommunale Perspektiven“, Springer Vieweg, Wiesbaden 2021
[4] Viktor Wesselak, Thomas Schabbach, Thomas Link, Joachim Fischer: „Handbuch Regenerative Energietechnik“, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2017


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