Demanega

#ingenieurbaukultur

Konformismus und die Alternativen: Sagen, was ist

Published by

on

Manchmal wird der Lauf der Dinge grundlegend verändert und durcheinandergebracht. Nach einer geglaubten linearen und uniformierten Eintönigkeit dämmert eine größere Veränderung am Horizont, die den Lauf der Dinge grundlegend anders ausfallen lässt.

Das viel zu oft zitierte „Ende der Geschichte“, das davon ausgeht, dass sich alle Welt in Richtung liberaler Demokratie linksliberaler Ausrichtung „progressiv“ weiter entwickeln würde, wobei die Kennzeichnung als „progressiv“ ohnehin eine Anmaßung ist, leugnet zentrale menschliche Gegebenheiten sowie das individuelle Interesse an Selbsterhalt und gegebenenfalls Machtausbau. Letzterem kann man zwar kritisch gegenüberstehen, doch die Leugnung dieser Natur der Dinge ist kaum zielführend. Das zeigt sich am derzeitigen dramatischen Lauf der Weltpolitik.

Hört man sich die Worte der politischen Kommentatoren und Analysten an, dann stehen hinter dem Erfolg rechtsgerichteter Politik heute allerlei unredliche Hintergründe, die einen „Mob“ antreiben, aufhetzen und verleiten würden. Die Argumentation ist durchwegs moralistisch und hypermoralistisch und geht davon aus, dass diejenigen, die „anders“ denken würden, grundsätzlich weniger wert seien, minderbemittelt seien, sich im Dunkeln befinden würden und in der Folge betreut, bearbeitet und bedrängt werden müssten, natürlich durch diejenigen, die alles „besser“ wissen würden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Thea Dorn kontert dieser einseitigen Sichtweise bereits 2010, wenn sie die effektiven Hintergründe beim Namen nennt: „Es ist die Sehnsucht nach aufrechten Streitern. Nach kernigen, unangepassten Figuren, die sagen, was sie meinen. Und meinen, was sie sagen. Die bereit sind, ihre Positionen stur zu vertreten, und nicht eben mal einen knalligen Provokationsballon aufsteigen lassen, von dem jedem klar ist, dass ihm beim ersten Gegenwind ohnehin die Luft ausgehen wird“ [1].

Und kommt auf den springenden Punkten, nämlich die Sehnsucht nach dem Anderen in einer zunehmend uniformierten Welt: „Noch nie war das Personal, das unseren politisch-öffentlichen Diskurs bestimmt, „bunter“ als heute. Noch nie wirkte es so farblos, gehemmt und uniform.“ Politik sei ein technokratisches Geschäft ohne Profil, Charakter und Unterscheidungsmerkmal geworden, die Akteure seien flexibel austauschbar.

Wer sich politisch betätigt und die Freiheit beansprucht, die Dinge anders zu sehen, was eigentlich ein Wert an sich sein sollte, sieht sich in der Praxis allerlei Widerständen ausgesetzt. Klar gibt es die Möglichkeiten zum Anderssein. Wenn aber niemand von ihnen Gebrauch machen will, weil er persönlich riskiert, kann es um die Meinungs- und Handlungsfreiheit nicht so gut bestellt sein, wie angenommen. Es trifft das zu, was der Philosoph Norbert Bolz wie folgt beschreibt: „Alle reden von Individualität, Diversität und Selbstverwirklichung – und alle denken dasselbe. So entsteht der Konformismus des Andersseins“ [2].

Thea Dorn führt diesen Gedanken weiter aus: „Es ist wohl Merkmal aller etablierten Machtsysteme, dass sie diejenigen in die obersten Positionen spülen, die sich auf dem Weg dorthin haben kieselrund schleifen lassen. In totalitären Systemen werden die Charaktere mit Ecken und Kanten gleich abgeholt – und zwar nicht in der neuen philanthropischen Bedeutung des Wortes. In einer demokratisch verfassten Gesellschaft wie der unseren duldet man sie als Hofnarren. Ernüchtert stellt man fest, dass auch die Demokratie den Opportunismus, das Duckmäusertum befördert. Gewiss: Dem Abweichler droht hier weder Gefängnis noch Folter noch Tod. Sondern der Karriereknick“ [1].

Das geht nicht, sagen alle, die nichts verändern wollen und denen dieses „Es geht nicht“ eigentlich ganz gut geht. Manchmal ist es notwendig, dass jemand in Erscheinung tritt, der es einfach anders macht, sich von den Machtmechanismen und Abhängigkeiten nicht beeindruckt zeigt und damit die Grenzen für alle anderen neu setzt.

Literatur:

[1] Thea Dorn: „Meinungsfreiheit: Tribunal der Gutmeinenden“. Die Zeit am 30. September 2010

[2] Norbert Bolz: „Der Reaktionär und die Konformisten des Andersseins“, Merkur – Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Berlin 2011

5 Antworten zu „Konformismus und die Alternativen: Sagen, was ist”.

  1. Avatar von Anschwellender Bocksgesang – Demanega

    […] Botho Strauß bricht mit der liberaldemokratischen Praxis, die in Zeiten von enggezogenen Grenzen des Denkbaren und Sagbaren mehr Illusion ist als Wirklichkeit, zeichnet ein Bild einer anderen Möglichkeit abseits des […]

    Like

  2. Avatar von Moderne Politik von rechts – Teil 1 – Demanega

    […] sich heute als „rechts“ definiert, ist allerlei diffusen Diffamierungen ausgesetzt, die einzig und allein darauf ausgerichtet sind, notwendige Debatten zu verhindern, um […]

    Like

  3. Avatar von Woke ins Abseits – Demanega

    […] Abweichende Meinungen werden demgemäß durch die Wokeness unterdrückt und zensuriert und es wird ein Klima der permanenten Einschüchterung erzeugt. […]

    Like

  4. Avatar von Freiheit, Ehre, Vaterland: Burschenschaft und Bewusstsein – Demanega

    […] sein. In Zeiten wie diesen verfügen diejenigen, die brav über jedes Stöckchen springen, das der Mainstream ihnen ausbreitet, vielleicht über mehr Zeit. Sie sind dann aber auf jeden Fall die nächsten, die […]

    Like

  5. Avatar von Die Farce ist abgespielt. Der Vorhang ist gefallen. – Demanega

    […] gibt stets die Option, das unwürdige Schauspiel zu beenden. Wer Helden verehrt, muss selbst das Heldentum leben. Oder es […]

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..