In der Wohnpolitik äußert sich die „soziale Frage“ heute in einer Art und Weise, die uns mehr oder weniger alle betrifft, im Extremfall dann, wenn das verfügbare Einkommen hinten und vorne nicht mehr ausreicht, um angemessenen Wohnraum zu finanzieren. Steigende Lebenshaltungskosten bei gleichbleibenden und real sinkenden Löhnen sind ein soziales Problem.
Wohnen ist grundsätzlich ein Grundrecht. Wie gut unser Leben wird und welche Höhen und Tiefen sich in diesem Leben einstellen, hängt auch und gerade mit unseren eigenen vier Wänden zusammen, die uns Rückzug und Geborgenheit stiften und damit die „persönliche Heimat“ bilden. Entgegen liberalistischer Tendenzen verschiedenartiger Couleur, die uns als entwurzeltes Individuum flexibel mobilisieren möchten, ist Verwurzelung für die persönliche Entwicklung essenziell.
In der Folge ist Wohnen immer eine emotionale politische Angelegenheit. Die Angst, den Wohnraum nicht mehr finanzieren zu können, ist berechtigt und verständlich. Faktisch ist Marktversagen nämlich keine Ausnahme, sondern die Regel, weil Profitmaximierung die Grundregel des Marktes ist. Daraus folgen weit reichende Debatten rund um das Thema Wohnen.
Während die einen mehr oder weniger soziale Enteignungen fordern, um das „soziale Wohnen“ durchzusetzen, verlangen die anderen einen Schutz des Eigentums, wenngleich es in den hitzigen Debatten gar nicht um die Eigentumswohnung geht, sondern um Spekulationen mit angepeilten Hochpreislagen. Die konkrete Politik spielt sich dann zwischen diesen extremen Polen ab. Die meisten von uns ordnen sich irgendwo dazwischen in einer so genannten „Mitte“ ein, wenngleich der Begriff „Mitte“ inhaltsleer ist.
Auf alle Fälle ist das „leistbare“ Wohnen heute zahlreicher Konkurrenz ausgesetzt: Dem Tourismus und der kurzfristigen Vermietung von Wohnungen, der Spekulation im großen Maßstab, der so genannten Wohnung als Anlageobjekt und als Absicherung, dem Landschaftsschutz und der restriktiven Raumordnung. Alle diese Interessen sind berechtigt. Und doch muss das Recht auf Wohnen, das ein grundlegendes ist, durchgesetzt werden.
Vor allem anderen zählt das Menschenbild, das in diesem Falle ein skeptisches ist und sich im Sinne eines skeptischen Optimismus im Bewusstsein behält, wozu Menschen in der Lage sind, wenn sie Rahmen, Unterstützung und Halt finden. Dieses Menschenbild setzt soziale Netze und Institutionen voraus, die unterstützen und jene soziale Sicherheit bilden, die notwendig ist, um sich frei zu entfalten und um sich positiv für eine Gemeinschaft einzubringen.
Das soziale Wohnen ist allerdings auch eine Frage der Ästhetik, die nicht immer eine positive ist. Es ist weder eine Schande noch ein Manko, auf soziale Unterstützung angewiesen zu sein. Hier sind Gegenmaßnahmen zu treffen, um positivere soziale Visionen eines solidarischen Gemeinwesens zu kreieren, auf das alle stolz sind, diejenigen, die auf soziale Unterstützung angewiesen sind, aber auch jene, die – derzeit – noch keinen Bedarf haben.
Wenn Wohnen ein Grundrecht ist, dann gehört öffentliches Engagement dazu, um das soziale und das geförderte Wohnen zu verwirklichen. Eine Politik, die ihren Namen verdient, versteht sich nicht als Vollzieher wirtschaftlicher Interessen, sondern bleibt souverän und pocht auf das Primat des Politischen, das Rahmen und Regeln setzt. Der Bedarf ist entscheidend, dieser muss detailliert erhoben und muss sodann durch konkrete Projekte effizient behoben werden.
Letztlich geht es auch und vor allem um die Frage, wie wir bauen. Die Erscheinung eines Wohnbaus entscheidet stark über die sozialen Zustände, die sich einstellen. Der spätlinke Funktionalismus, der „Wohnmaschinen“ erzeugt hat, die für niemanden so etwas, wie „Heimat“ entstehen haben lassen, ist in jeder Hinsicht gescheitert.


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