Während sich die Hydrostatik mit ruhenden Flüssigkeiten befasst, befasst sich die Hydrodynamik mit der Bewegung und folglich auch mit jenem Mechanismus, der für Flüssigkeiten wie Wasser relevant ist. Selbst wenn wir nämlich von ruhendem Wasser ausgehen, kann dieser Zustand durch bodenmechanische Einwirkungen oder durch extreme klimatische Ereignisse in Frage gestellt werden, sodass sich gezwungenermaßen eine Dynamik ergibt.
In der Strömungslehre wird unterschieden zwischen laminarem und turbulentem Fließen unterschieden. Laminares Fließen bezeichnet schichtartige parallele Bewegungen. Weil eine jede Flüssigkeit mehr oder weniger zäh ist, entstehen dort, wo die linienförmige Bewegung behindert ist, Schubspannungen im Sinne einer Flüssigkeitsreibung. Das turbulente Fließen bezeichnet hingegen Fließvorgänge, bei welchem nicht mehr nur linienförmige Strömungslinien, sondern auch solche senkrecht zur Fließrichtung auftreten.
Eine newtonsche Flüssigkeit weist ein linear viskoses Fließverhalten auf. Schergeschwindigkeit und Scherspannung sind in einem linearen Fließvorgang für newtonsche Flüssigkeiten proportional. Wasser ist ein typisch newtonsches Fluid. Viskoelastische Stoffe werden hingegen als nicht-newtonsche Fluide bezeichnet. Muren nehmen mit zunehmendem Feststoffanteil ein nicht-newtonsches Verhalten an.
Weiters wird in der Hydrodynamik unterschieden zwischen stationären und instationären Bewegungen. Stationäre Bewegungen bezeichnen gleichbleibende Fließvorgänge über die Zeit, während instationäre Vorgänge variable zeitliche Fließvorgänge betreffen. Unterschieden wird auch zwischen gleichförmigen Bewegungen, die sich in langen Stecken ohne Störungen ausbilden, und ungleichförmigen Fließzuständen unterschieden, bei denen der Fließvorgang sich im Streckenverlauf ändert.
Ein wichtiges Maß ist die Froude-Zahl, die in der Physik ein Verhältnis zwischen Trägheitskräften und Schwerekräften ausdrückt, und in der Hydrodynamik ein Maß dafür ist, inwiefern sich Störungen, zum Beispiel Wellen, ruhend und kreisförmig, stromaufwärts und stromabwärts (Strömender Zustand) oder nur stromabwärts ausbreiten kann (Schießender Zustand), was in Gebirgsbächen der Fall ist. Der kritische Abfluss zwischen strömendem und schießendem Zustand bezeichnet ein Stehenbleiben der Welle, womit die größtmögliche Wassermenge transportiert werden kann.
Die Hydrodynamik sieht dann eine Reihe von Idealisierungen vor. Ideale Flüssigkeiten sind reibungsfrei und volumenbeständig, auch bei wechselnden Drücken. Daraus ergibt sich die Kontinuitätsbedingung, die Bernoulli-Gleichung sowie die Impulskraft als Zusammenhang zwischen Masse, Beschleunigung und Kraft. Die Bernoulli-Gleichung, die die Höhendifferenz, den Druck sowie die Geschwindigkeit in eine konstante Relation setzt, bildet den theoretischen Hintergrund hinter der Tatsache, dass alles fließt.
Reale Flüssigkeiten weisen im Gegensatz zu idealen Flüssigkeiten eine Zähigkeit auf. Durch die Zähigkeit bedingt ergibt sich eine Anhaftung von Teilchen des Strömungsmediums an festen Rändern, wodurch sich Konsequenzen für die Geschwindigkeitsverteilung ergeben. Die Reynolds-Zahl bezeichnet in der Hydrodynamik das Verhältnis zwischen Trägheitskräften und Zähigkeitskräften und setzt sich aus der Dichte des Fluids, der Strömungsgeschwindigkeit sowie aus der charakteristischen Länge zusammen, die bei Strömungskörpern die Länge, bei Widerstandskörpern die Breite oder Höhe intendiert. Unterhalb einer kritischen Reynolds-Zahl ist eine laminare Strömung beständig gegen Störungen. Die kritische Reynolds-Zahl selbst beschreibt den Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung. Bei hoher Reynoldszahl bleibt die Strömung auch in langen Strömungsabschnitten turbulent.
Wesentlich ist die Turbulenz für Rohrleitungen. Ein laminarer Strom verursacht eine parabolische Geschwindigkeitsverteilung mit einer Spannungsspitze im Rohrmittelpunkt und starken Abfallen zu den Rändern hin. Durch die geringen Geschwindigkeiten an den Rändern ist der Einfluss der Reibung gering. Bei turbulenten Strömungen stellt sich eine Vergleichmäßigung der Geschwindigkeitsverteilung im Querschnitt ein. Dadurch ist der Einfluss der Reibung hoch, sodass Reibungsverluste sowie Verluste an örtlichen Störungszonen wesentlich werden. Wildbäche sind im hochturbulenten Bereich angeordnet.
Um den Blick von der Hydrodynamik auf die Geotechnik und Bodenmechanik zu richten, ergeben sich durch die turbulente Strömung große Einwirkungen auf Seitenwände und Sohle. Insbesondere werden durch Bauwerke im Fließquerschnitt lokale Beschleunigungen bewirkt, welche Sohle und Seitenwände ablösen und Bauwerke unterspülen können. Andererseits reißt die Strömung somit Feststoffe mit, die in Schwimmstoffe und Schwebstoffen bestehen.
Als Schwebstoffe werden Feststoffteilchen bezeichnet, die ohne Sohlenkontakt durch die Strömung mitgetragen werden. Wesentlich sind Korndurchmesser, Korndichte, Kornform sowie Wasserdichte, aber auch die Strömungsparameter wie die Geschwindigkeitsverteilung und die Turbulenz. Überschreitet die Feststoffkonzentration ungefähr 30 Prozent des Abflusses, ist der Zustand einer Mure erreicht.
Literatur:
[1] Heinz Patt: „Naturnaher Wasserbau“, Springer Verlag, Heidelberg 2009
[2] Jürgen Giesecke, Stephan Heimerl & Emil Mosonyi: „Wasserkraftanlagen – Planung, Bau und Betrieb“, 6. Auflage, Springer-Verlag Berlin-Heidelberg 2014
[3] Ekkehard Heinemann & Rainer Feldhaus: „Hydraulik für Bauingenieur“, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2003


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