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Gegen die Wegwerfarchitektur: Für ein Bauen mit Dauerhaftigkeit und Kontinuität

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Der Architekt Vittorio Magnago Lampugnani, der sich grundsätzlich für ein Bauen ausspricht, das „radikal normal“ ist, spricht die grundsätzlichen Dinge ein, die viele denken, doch nur wenige aussprechen wollen. Lampugnani bringt es trocken, aber klar zum Ausdruck, wenn er meint: „Der Notstand unseres Planeten verlangt von der Baukultur einen Paradigmenwechsel“ [1].

In seinem neuesten Buch zur vermeintlichen Wegwerfarchitektur lautet die kurze, einprägsame, aber so wichtige Formel:

  • Dauerhafter bauen,
  • Dichter bauen,
  • Weniger bauen.

Grundlage für dieses „andere“ Bauen seien Respekt und Zurückhaltung, man könnte auch sagen, Sensibilität. Damit greift Lampugnani auch bereits den hauptsächlichen Kritikpunkt auf: Das „moderne“ Bauen habe mit der „Nachhaltigkeit“ ein Verkaufsargument definiert. Allerdings konvergieren Versprechen und Wirklichkeit nicht, sondern es würden „Berge von teilweise hochgiftigem Abfall“ entstehen. Lampugnani sieht die aktuelle Architektur in weiten Teilen als Ausdruck der Konsumgesellschaft. Ein Umstand, der in krassem Widerspruch zum Prinzip Baukultur steht.

Lampugnani spricht dabei das Essenzielle an: Es geht nicht um den grünen Aufputz, um oberflächlich begrünte Fassaden und Dächer, auch nicht um das vermeintlich „ökologische“ Bauen, wenn es dann nicht dauerhaft und langzeitlich ist, sondern um eine „substanzielle Nachhaltigkeit“, um ein Bauen für möglichst große Zeiträume, um dichteres Bauen und um einen entsprechenden Schutz der Natur und der Naturräume.

Die Losung ist: Umbauen, rückbauen, weiterbauen, aufstocken, sanieren statt abreißen und neu bauen. Nachhaltig ist, was dauerhaft ist. Demgemäß knüpft Lampugnani an das Thema der „Modernität des Dauerhaften“, an ein Bauen, das zeitlos modern und aktuell sei, an [2].

Um Lampugnanis Denken vollständig zu erfassen, muss man natürlich auch seine intensive Auseinandersetzung mit jener klassischen bis traditionalistischen Moderne bedenken, die versuchte, in der baulichen Moderne das klassisch Zeitlose zu berücksichtigen und die folglich für deutlich größere Zeiträume bauen wollte. Daraus entsteht ein ästhetischer Charme entwickeln konnte, der heute im Immobilienbereich äußerst gefragt ist.

Das Umbauen, Umnutzen und Sanieren müsse nach Lampugnani vor allem auch ökonomisch interessant werden. Eine große Aufgabe für modernes Sanieren.

Als Bauingenieur ist zu dieser Rezension hinzuzufügen: Es geht nicht nur um das Wohngebäude, das dauerhafter und zeitloser gebaut werden muss und Möglichkeiten zum Sanieren, Umbauen und Umnutzen bereits von Anfang an inkludieren soll, es geht besonders auch um nachhaltige Verkehrswege, die den Durchzug und die hohen Geschwindigkeiten minimieren und zum Aufhalten bewegen, um einen Wasserbau, der den Schutz vor Naturgefahren sowie die Schaffung von Grünflächen gleichzeitig verwirklicht, um sensible Eingriffe in unsere Natur beim Thema Infrastruktur mit der Bewahrung des Landschaftsbildes und des Naturraumes, um das Kernthema des Weiterbauens an der Natur und genauso um das Thema des Bewahrens des kulturellen Erbes in unseren Dörfern, Städten und Siedlungen.

Literatur:

[1] Vittorio Magnago Lampugnani: „Gegen Wegwerfarchitektur: Weniger, dichter, dauerhafter bauen“, Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2023

[2] Vittorio Magnago Lampugnani: „Die Modernität des Dauerhaften – Essays zu Stadt, Architektur und Design“, Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2011

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