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Bauen mit vorgespanntem Beton: Weiter, schlanker, dauerhafter

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Es ist beim Bauen auf jeden Fall am einfachsten, sich nur auf wenige Werkstoffe und Techniken, etwa Holzbau, zu konzentrieren. Allerdings ist dadurch die gestalterische Vielfalt extrem eingeschränkt. Um Hoheit über die Gestaltung zu erlangen, ist transversales Denken in verschiedenen Systemen erforderlich, wobei jede spezifische Aufgabe individuell begutachtet und die beste technische Lösung gewählt wird, ob Verbundbau, Hybridbau, Stahlbau, Stahlbetonbau oder – gerade – Spannbetonbau.

Bei extrem flachen Decken und extremen Spannweiten oder Auskragungen, also in jenen Bereichen, wo die Verformungen essenziell werden, ist vorgespannter Stahlbeton nicht mehr nur eine Option, sondern eine wichtige Grundlage für das erfolgreiche Konstruieren und Bauen.

Spanntechnikkonzepte sind intern oder extern angeordnet. Durch die Vorspannung, die das Bauteil unter Druck setzt, werden die Zugspannungen aus Belastung oder Zwang, die im Bauteil entstehen können und werden, gezielt kontrastiert. Als Vorspanntechniken liegen die Vorspannung mit Verbund, die Vorspannung mit nachträglichem Verbund sowie die Vorspannung ohne Verbund vor.

Die Vorspannung mit sofortigem Verbund (Pre-tensioned concrete) erfolgt im Spannbett und lässt nur einen geradlinigen Spanngliedverlauf zu, beschränkt sich folglich auf Fertigteile aus Spannbeton. Gespannte Litzen werden einbetoniert und nach Erhärten des Betons gelöst, sodass sich sofort eine Druckkraft überträgt.

Für das sonstige Bauen reduziert sich das Bauen mit vorgespanntem Stahlbeton auf den nachträglichen Verbund (post-tensioned concrete).

Soll die Vorspannung hingegen vor Ort erfolgen, sind beliebige Verläufe der Spanngliedführung notwendig oder hohe Spannkräfte zu aktivieren, kommen Spanntechnikkonzepte mit nachträglichem Verbund oder ohne Verbund zur Anwendung.

Als Litzen werden grundsätzlich Stahlglieder bezeichnet, die aus Drähten bestehen. Eine Monolitze besteht aus 7 Drähten. Litzen werden dann zu Seilen verdreht.

Vorspannung mit (nachträglichem) Verbund:

Die zur Verfügung stehenden Verfahren sind das Litzenspannverfahren oder das Stabspannverfahren bei Sanierungen oder Verstärkungen, welche in der Regel kurz und geradlinig ausfallen.

Die Spannglieder liegen schlaff in Hüllrohren, die Vorspannung erfolgt nach ausreichendem Erhärten des Betons. Anschließend werden die Hüllrohre mit Zementmörtel verpresst, wodurch Verbund sowie Korrosionsschutz hergestellt werden. Der Festanker liegt dann im Tragwerk, die Spannverankerung ist für den Spannvorgang zugänglich.

Die Litzenspanngliedgrößen reichen bei Herstellern wie Dywidag von 1 bis 55 Litzen. Durch den Verbund sind kein Nachspannen oder Austausch möglich. Stabspannglieder werden hingegen für Verbindungen, Rückverankerungen oder Quervorspannung eingesetzt und sehen etwa bei Dywidag in Spanngliedgrößen zwischen 18 und 75 mm vor.

Vorspannung ohne Verbund intern:

Die zur Verfügung stehenden Verfahren sind das Monolitzenverfahren, das Drahtspannverfahren oder das Stabspannverfahren.

Die Technologie entspricht der Vorspannung mit nachträglichem Verbund, der Korrosionsschutz wird durch Fett und Kunststoffummantelungen sichergestellt. Monolitzen sind in Längsvorspannung intern ohne Verbund zwar möglich, es sind aber gegebenfalls hohe Spannstahlquerschnirte notwendig, die erhebliche Querkraftschwächungen darstellen, sodass in der Regel kompakte Paralleldrahtbündel eingesetzt werden, die mehr Spannstahl auf weniger Querschnittsfläche ermöglichen.

Dadurch, dass kein Verbund entsteht, sind Nachspannen und Austauschen möglich, die Reibermüdung ist gering.

Die Litzenspanngliedgrößen reichen bei Herstellern wie Dywidag von 1 bis 55 Litzen. Die Monolitze hat einen Durchmesser von 15.3 oder 15.7 mm. Drahtspannglieder reichen von 30 bis 84 Drähten und kommen im Brückenbau vereinzelt als Längsvorspannung zur Anwendung. Der Drahtdurchmesser beträgt 7 mm. Stabspannglieder werden hingegen für Verbindungen, Rückverankerungen oder Quervorspannung eingesetzt und sehen etwa bei Dywidag Spanngliedgrößen zwischen 18 und 75 mm vor.

Monolitzenspannglieder bestehen bei Dywidag aus 1 bis 7 Litzen mit einem Litzendurchmesser von 0,6‘‘ oder 0,62‘‘ (15.3 oder 15.7 mm).

Vorspannung ohne Verbund extern:

Die zur Verfügung stehenden Verfahren sind das Litzenspannverfahren, das Monolitzenverfahren, sowie das Drahtspannverfahren oder das Stabspannverfahren.

Externe Vorspannsysteme ohne Verbund sind nur punktuell an den Verankerungs- und Umlenkstellen mit dem Bauwerk verbunden.

Fertigung, Verlegung und Montage

In der Regel erfolgt die Verlegung von Monolitzenspanngliedern, indem die Festanker vormontiert werden. Diese können einbetoniert werden, sodass die Befestigung an der Abschalung entfällt. In diesem Falle werden die Festanker auf der schlaffen Bewehrung befestigt.

Die Spannanker wird hingegen in der Regel durch die Abschalung durchgeführt und mit der Gewindestange fixiert. Bei Litzenspanngliedern wird die so genannte „Trompete“ am Anker aufgeschraubt. Für alle Spannglieder werden Wendel, die in den Zulassungen vorgesehen sind, und eventuell Zusatzbewehrung auf den Anker gefädelt.

Die Spannglieder werden häufig im Werk vorbereitet. Die Installation erfolgt, nachdem die untere Bewehrung mit allfälliger Querkraftbewehrung sowie Zusatzbewehrung in Spannkabelrichtung verlegt worden sind. Insofern die Widerstände sowie die Abstände angemessen gewählt werden, ist in der Regel keine Zusatzbewehrung notwendig.

Die Spannglieder werden sodann eingestoßen und auf den Spanngliedunterstützungen montiert und in die Spannanker eingefädelt. Als Spanngliedunterstützungen werden Höheneisen eingesetzt, sodass die Spannkabel respektive die Hüllrohre in die korrekte Achs- und Höhenlage geführt werden. Insbesondere bei kreuzenden Kabeln ist an die Höhenlage zu denken.

Da bei rechteckigen Grundrissen ohnehin eine Gleichmäßigkeit gegeben ist, können die Unterstützungen durchgehend installiert werden. Für die praktische Bauüberwachung sind die geringste sowie die höchste Höhenlage essenziell, um den statisch erforderlichen Hebelsarm vollständig zu aktivieren. An den Koppelfugen werden einzelne Spannglieder gekoppelt und verbunden.

Die Vorspannung erfolgt nach der Hydraulik der Spannpresse in mehreren Zügen. Dazu ist es erforderlich, dass Die Kontrolle der Spannkraft erfolgt, indem Dehnwege und Spannungen dokumentiert werden. Insbesondere die Dehnwege gelten als Kontrolle vor Ort. Kurze Spannglieder werden über ein Ende gespannt, lange Spannglieder hingegen über beide Enden.

Konstruktive Bemessung

Die maximal zulässige Vorspannkraft ist normativ geregelt und richtet sich nach der charakteristischen Zugfestigkeit sowie nach der charakteristischen Zugfestigkeit bei permanenter Dehnung von 0,1 %. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wird eine hohe Materialausnutzung angestrebt. Die Vorspannung kann erst dann ansetzen, wenn die erforderlichen Betondruckfestigkeiten erreicht sind. Um Zwangs- und Schwindrissen vorzubeugen, wird allerdings häufig bereits bei Erreichen von 50% der Druckfestigkeit eine Teilvorspannung aufgebracht.

Infolge verschiedener Prozesse nimmt die Vorspannkraft allerdings entlang des Kabels ab. Diese Spannkraftverluste sind auf Reibung, Klemmeinzug, elastische Betonverkürzung, Relaxation des Spannstahls sowie Kriechen und Schwinden des Betons zurück zu führen. Näherungsweise kann von 15 bis 20 Prozent ausgegangen werden. Vorspannkonzepte können folglich eine Überspannung vorsehen.

Im Grenzzustand der Tragfähigkeit ist mit dem vorgespannten Beton kein wesentlicher Vorteil zu erzielen. Die Tragfähigkeit hängt von der Zugfestigkeit des Betonstahls sowie von der Stahlmenge ab. Allerdings bewirkt die Vorspannung, die Druckkräfte in den Beton einleitet, dass die Rissbildung im Beton deutlich verzögert wird und dass die Verformungen unterdrückt werden. Die Struktur bleibt steifer und weniger verformbar, das Verhalten ist folglich ein anderes.

Bei Flachdecken erhöht die verbundlose teilweise Vorspannung die Steifigkeit, sodass die Verformungen reduziert werden, aber auch die Sicherheit gegen Durchtanzen maximiert wird. Durch die Vorspannung ohne Verbund mit Monolitzen sind die Querschnitte des Spannstahls sowie die Reibkraftverluste minimiert. Flachdecken sind folglich in größeren Spannweiten ausführbar und es wird versucht, die Durchstanzbewehrung zu vermeiden. Dabei wird für Flachdecken eine geringe Teil-Vorspannung gewählt.

Die Vorspannung von Flachdecken kann grundsätzlich in Form von Stützstreifen oder flächendeckend als Flächenvorspannung erfolgen. Für höhere Vorspanngrade wird meistens eine Kombination gewählt, für geringere Vorspanngrade hingegen die Stützstreifenvorspannung. Insbesondere bei großen Schlankheiten und großen Nutzlasten ist die teilweise Vorspannung effizient und bewirkt optimale Bewehrungsgrade.

Literatur:

[1] Günther Rombach: „Spannbetonbau“, Ernst und Sohn Verlag, Berlin 2010

[2] Martin Thomsing: „Spannbeton – Grundlagen, Berechnungsverfahren, Beispiele“, Teubner Verlag, Wiesbaden 2002

[3] Konrad Zilch und Gerhard Zehetmaier: „Bemessung im konstruktiven Ingenieurbau nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1“, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2010

[4] Konrad Bergmeister: „Beton-Kalender 2017“, Ernst und Sohn Verlag, Hoboken 2017

3 Antworten zu „Bauen mit vorgespanntem Beton: Weiter, schlanker, dauerhafter”.

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