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DMN*Timber _ Modernes Bauen mit Holz: Vollgewindeschrauben und Teilgewindeschrauben _#5

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Während Schraubverbindungen im Stahlbau eine längere Tradition haben, ist die Anwendung von Holzbauschrauben relativ „neu“. Die Idee der selbstbohrenden Schraube, die sich – weitgehend ohne Vorbohren – durch ihr Gewinde in das Holz schraubt und dadurch eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Holz eingeht, ist natürlich revolutionär und eröffnet dem traditionellen und modernen Holzbau vielfältige und effiziente Gestaltungsmöglichkeiten.

Im Stahlbau ist die industrielle Fertigung von Schraubverbindungen natürlich eine längere Tradition mit genormten Gewindesystemen, Maßnormen, welche Schlüsselweite und Mutter betreffen, natürlich die mechanische Festigkeit und Duktilität (Zähigkeit), aber auch Korrosionsbeständigkeit oder Schweißbarkeit.

Die Wahl der Schraube richtet sich im Stahlbau nach den folgenden Kriterien [1]:

  • Werkstofffestigkeit in Abhängigkeit von der Höhe der erforderlichen Montagevorspannkraft
  • Betriebsanforderungen auf Grund zusätzlicher mechanischer Beanspruchung
  • Fertigungsbedingungen unter den Einflüssen von Temperatur, Korrosion und Strahlung.

Da sich die gesamte Kraft in der Schraube konzentriert, haben Schrauben natürlich extrem hohe mechanische Anforderungen zu erfüllen. Dazu werden die Schrauben durch verschiedene Mechanismen in ihrer Festigkeit gesteigert, zum Beispiel durch Kaltverfestigung bei austenitischen Stählen. Die Kaltverfestigung ist insbesondere unter 800 N/mm2 gefestigt, darüber liegende notwendige Zugfestigkeiten erfordern bereits niedrig legierte Stähle bis 1400 N/mm2. Bei hochfesten Stählen mit Zugfestigkeiten über 1400 N/mm2 sind höher legierte Stähle notwendig, um die Kerbempfindlichkeit zu reduzieren.

Im Leichtbau kommen neben Stahl auch Titanlegierungen, Aluminium-, Magnesium- und Berylliumlegierungen zum Einsatz.

Um sich einen Überblick über die Qualität verschiedener Schrauben zu machen, ist eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten Legierungselementen zielführend:

  • Kohlenstoff erhöht Festigkeit und Härte
  • Chrom erhöht die Zugfestigkeit und verringert die kritische Abkühlgeschwindigkeit
  • Bor verbessert die Härtbarkeit
  • Vanadium wirkt kornverfeinernd und verbessert die Zähigkeit
  • Molybdän wirkt festigkeitssteigernd
  • Nickel und Mangan erhöhen die Festigkeit sowie die Zähigkeit
  • Aluminium vermindert die Alterungsanfälligkeit
  • Wasserstoff schädigt den Stahl und wirkt rissbildend

Für die Berechnung von Schraubenverbindungen liefert der Stahlbau weitreichende Ansätze, die besonders auch die Vorspannung und allfällige Federmodelle betreffen [3].

Im Holzbau ist die Angelegenheit ein wenig anders gestrickt: Die Kraftkonzentration vollzieht sich nicht „nur“ in der Schraube, sondern die Schraube geht ähnlich wie der Stabstahl im Beton eine Verbindung und Verzahnung mit dem Werkstoff Holz ein. Entsprechend zählen nicht nur die Werkstoffeigenschaften des Schraubenmaterials, sondern es ist entsprechend der Versagensmodelle die Interaktion mit dem Holzwerkstoff wesentlich, sodass Fließmoment, Ausziehfestigkeit, Torsionsfestigkeit sowie Lochleibungsfestigkeit wesentlich sind.

Während bei Teilgewindeschrauben der Querkraftwiderstand, der aus dem Stahlquerschnitt resultiert, wesentlich ist, geht das Gewinde einer Schraube einen Verbund mit dem Holz ein. Infolgedessen liefern Vollgewindeschrauben weitreichende Vorteile durch einen hohen Auszugwiderstand, hohen Steifigkeiten, woraus wenig Schlupf resultiert, und der Möglichkeit, die Fasern zu verdübeln und zu verstärken. Durch die technische Möglichkeit, die die Zulassungen bieten, Holzbauschrauben mit begrenzten Festigkeiten auch faserparallel einzusetzen, ergeben sich zahllose Einsatzmöglichkeiten.

Komplex und wenig erforscht oder normativ erfasst ist vor allem die Interaktion zwischen Holz und Schraube bei sich ändernden Umgebungsbedingungen wie Änderungen im Feuchtehaushalt mit Schwinden und Schwellen, sowie die ausreichende Berücksichtigung in mechanischen Bemessungsmodellen. Gerade im modernen Holzhybridbau mit massiven Stahlbeton- und Stahlbauteilen ergeben sich komplexe Belastungen sowie Zwang, der in Form steifer Stahlplatten und des weicheren Holzquerschnittes auf das Verbindungselement Schraube einwirkt und rechnerisch berücksichtigt werden will.

Wesentlich ist besonders auch das Themenfeld der Korrosion, das auch im Holzbau zunehmend relevant wird, weil der moderne Holzbau mit Stahlschrauben und Stahlplatten zunehmend hybride Verbindungen gestaltet (Holz-Hybrid-Bau), aber auch, weil die verwendeten Holzarten in Verbindung mit Feuchtigkeit korrosionsauslösende Holzsäuren beinhalten. Immer öfter werden auch im modernen Holzbau Stahl-Stahl-Anwendungen umgesetzt, sodass die Beanspruchungen komplexer werden und immer häufiger in Richtung Stahlbau tendieren. Moderne Holzbauschrauben sind relativ dick, auch in Anwendungen mit Längen von mehr als einem Meter möglich, werden in Kombination mit Stahl oder Beton verwendet, sind der Witterung ausgesetzt oder verdeckt und haben damit unzählige technische Anforderungen zu erfüllen.

Hinzu kommt der Umstand, dass Holz sch zwar durch Temperaturzunahme längs zur Faser nicht sonderlich d bei Feuchtigkeitseinwirkung an Volumen zunimmt und folglich die Bewegung für die Schraube unter Umständen durch eine Stahlplatte unterbunden wird und sich die Spannungen folglich in einem Versagen entladen.

Korrosion in Holz-Stahl-Anwendungen im maritimen Küstenbereich

Der Prozess der Korrosion findet häufig wenig ausreichendes Verständnis. Bei der Korrosion handelt es sich um die Reaktion von Metallen mit ihrer Umgebung. Da Metalle in der Natur nur in Form von Oxiden verfügbar sind, haben Metalle die Tendenz, wieder eine Reaktion mit ihrer Umgebung einzugehen. Korrosion kann chemisch, metallphysikalisch-chemisch oder (überwiegend) elektrochemisch sein [1].

Die elektrochemische Korrosion vollzieht sich unter den folgenden Bedingungen: „Es müssen zwei verschieden edle (verschieden korrosionsbeständige) Metalle oder Metalloberflächen (Elektroden) vorliegen. Hieraus ergibt sich eine Spannungs- oder Potentialdifferenz als treibende Kraft für das Fließen eines Korrosionsstroms. Zwischen den beiden Elektroden muss eine elektrisch leitende Verbindung bestehen. Daraus ergibt sich bei ausreichend großer Potentialdifferenz die Möglichkeit eines Elektronenflusses. Beide Elektroden müssen von demselben Elektrolyten bedeckt sein (Voraussetzung für eine Ionenleitung)“ [1].

In diesem Sinne bildet in einem Korrosionssystem die unedle Metalloberfläche die Lokalanode (A) und die edlere Metalloberfläche der betrachteten Umgebung die Lokalkathode (K). Der Oxidationsvorgang geht von der Anode aus, bei dem Ionen freigesetzt werden, die in der Kathode einen Reduktionsvorgang in Gang setzen, also eine Aufnahme von Ionen. Zwischen beiden Polen stellt sich ein Gleichgewicht ein und es vollzieht sich der Korrosionsvorgang. Umso höher das galvanische Potential zwischen beiden Polen, umso schneller vollzieht sich die Korrosionsgeschwindigkeit. Im Zuge des Vorgangs löst sich die Anode auf.

Die konstruktive Anordnung ist im Sinne der Korrosion relevant. Ist die Anode auf einen kleinen Bereich konzentriert, etwa eine Schraube, die in einem edleren Metall eingebaut ist, sind die Auflösungserscheinungen stark. Eine korrosionsgerechte konstruktive Planung erfolgt nach den folgenden Grundsätzen:

  • Verwendung von metallischen Werkstoffen gleichen oder ähnlichen Potentials
  • Vermeidung eines direkten Kontakts zweier Metalle ungleichen Potentials in Verbindung mit einem Elektrolyten (etwa durch Isolation)
  • Vermeidung von Spalten
  • Vermeidung eines ungünstigen Flächenverhältnisses von Anode zu Kathode.

In der Praxis vollziehen sich Korrosionsarten mit mechanischer Beanspruchung (Spannungskorrosion, Schwingungsrisskorrosion, Reibkorrosion, etc.) und Korrosionsarten ohne mechanische Beanspruchung (Flächenkorrosion, Kontaktkorrosion, Spaltkorrosion, etc.).

Auf der Grundlage der Korrosionsart ergeben sich verschiedene Möglichkeiten des Korrosionsschutzes. Diese umfassen neben den konstruktiven korrosionsgerechten Grundsätzen die Verwendung von nichtrostenden Stahlsorten, nichtmetallische Überzüge (Phosphat, Zink, Zink-Aluminium), galvanische Überzüge (Zink, Zinklegierungen, Zink-Nickel, Zink-Kobalt, Zink-Eisen, Kadmium, Nickel, Chrom), Zinklamellenüberzüge, Versiegelungen durch Schutzschichten und Deckschichten.

Die Wahl des „richtigen“ Korrosionsschutzes ist dann eine Frage der durchgeführten Tests sowie der Prüfmethoden, woraus Rückschlüsse zum Korrosionsschutz möglich sind

Literatur:

[1] Karl-Heinz Kloos & Wolfgang Thomala: „Schraubenverbindungen – Grundlagen, Berechnung, Eigenschaften, Handhabung“, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York 2007

[2] Hans Joachim Blaß & Carmen Sandhaas: „Ingenieurholzbau – Grundlagen der Bemessung“, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe 2016

[3] Christian Petersen: „Stahlbau – Grundlagen der Berechnung und baulichen Ausbildung von Stahlbauten“, Springer Vieweg Verlag, Wiesbaden 2013

3 Antworten zu „DMN*Timber _ Modernes Bauen mit Holz: Vollgewindeschrauben und Teilgewindeschrauben _#5”.

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